Nicht zuletzt aus diesem Grund veränderte sich die Situation nach dem 9. November 1989 rasant. "Die Auseinandersetzung in der DDR begann sich nicht nur um das ‘Wie’ einer Demokratisierung zu drehen, sondern mit den Demonstrationen der Bevölkerung, der Politik der Bundesregierung und der internationalen Debatte um eine mögliche Vereinigung der beiden deutschen Staaten begann die Infragestellung der Existenz der DDR als Staat selbst." (Jander 1996: 93)
Die Lage hatte sich für die SED also durch die Öffnung der Grenzen keinesfalls entschärft. Im Gegenteil: Die Zahl der Flüchtlinge, bzw. nun aus der DDR ausreisenden Menschen stieg dramatisch an. Fast 134.000 Personen verließen im November 1989 die DDR. Die Anzahl der Demonstrationsteilnehmer nahm ebenfalls weiter zu. Außerdem fanden in immer mehr Städten Kundgebungen statt. (Jander 1996: 94; Torpey 1995: 154) Die Oppositionsgruppen riefen zu weiteren Demonstrationen gegen die Versuche der Krenz-Regierung auf, die Kontrolle über die Ereignisse zurückzuerlangen. Selbst die SED-Basis protestierte gegen die kaum erneuerte Parteiführung. Schließlich trat in Folge der Demonstrationen, aber auch des innerparteilichen Drucks die komplette Parteiführung und das Zentralkomitee am 3. Dezember zurück. Am 6. Dezember nahm auch Egon Krenz als Vorsitzender von Staats- und Verteidigungsrat seinen Hut. Damit einher ging deren faktische Auflösung. (Glaeßner 1992: 26; Lehmann 1996: 380 f.; Neubert 1997: 878 f.)
Der Führungsanspruch der SED war bereits am 1. Dezember unter Zustimmung von SED-Mitgliedern von der Volkskammer aus der Verfassung gestrichen worden. (Lehmann 1996: 380) Einzig Hans Modrow, der am 13. November durch die Volkskammer zum neuen Vorsitzenden des zuvor komplett abberufenen Ministerrats gewählt wurde, konnte sich halten. Am selben Tag hatte bereits der SED-Mann Horst Sindermann sein Amt als Volkskammerpräsident an den Vorsitzenden der DBD, Günther Maleuda verloren. Die neue Regierung wurde als "Koalitionsregierung" bezeichnet und von den Blockparteien zunächst mitgetragen. (Lehmann 1996: 376 f.; Neubert 1997: 881) Auf ihre Arbeit wird unten separat eingegangen.
Nach dem Rücktritt des Politbüros der SED am 3. Dezember war die Partei praktisch "kopflos" und ein Arbeitsausschuß übernahm vorübergehend dessen Aufgaben. Dadurch, daß sie sich formal aus ihrer "führenden Rolle" im Staat zurückgezogen hatte, konnte die Partei nun selbst mehr oder weniger glaubhaft eine Wandlung von der stalinistischen SED zur demokratischen PDS vollziehen. Durch den Druck der Basis stand sie ohnehin nur noch vor der Alternative sich selbst aufzulösen, oder drastisch zu reformieren. Auf dem ersten Teil eines außerordentlichen Parteitags am 8. Dezember in Berlin schworen die Delegierten dem Stalinismus ab und entschuldigten sich beim Volk. Die Delegierten wählten den Anwalt Gregor Gysi zum neuen Vorsitzenden, seine Stellvertreter wurden Ministerpräsident Hans Modrow und der Dresdener Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer. Am 16. und 17. Dezember fand der Parteitag seine Fortsetzung und die SED gab sich den Namenszusatz "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS). Am 20. und 21. Januar entschied sich der Parteivorstand gegen eine Auflösung der krisengeschüttelten Partei. Statt dessen sollte die SED-PDS in PDS umbenannt werden, nicht zuletzt um ihre nach eigener Ansicht radikale Reformierung zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig wurden ehemalige Spitzenfunktionäre, wie Egon Krenz, Kurt Hager und Joachim Herrmann aus der Partei ausgeschlossen. Am 4. Februar wurde die Änderung des Parteinamens schließlich formell beschlossen. Der endgültige Bruch mit der stalinistischen Vergangenheit sollte unter anderem durch neue Mitgliedskarten verdeutlicht werden. (Glaeßner 1992: 26; Lehmann 1996: 381 ff.; Neubert 1997: 881)
Ein klares politisches Ziel der SED bestand darin, die DDR als eigenständigen Staat zu erhalten. Entsprechend setzte sie ihre Ressourcen ein, um das kapitalistische System der Bundesrepublik im Vergleich zu einem reformierten Sozialismus in der DDR negativ darzustellen. Am 29. November wurde im "Neuen Deutschland" der Appell "Für unser Land" abgedruckt. Der Aufruf kursierte seit 28. November und fand zunächst Unterstützung von Schriftstellern wie Christa Wolf und Stefan Heym, sowie Kirchenleuten und einigen Oppositionellen. Erst später unterschrieb auch die SED-Spitze. (Jander 1996: 97 f.; Lehmann 1996: 379; Neubert 1997: 879 ff.) Unklar bleibt, ob Schmierereien am sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow im Januar 1990, die zumindest Glaeßner als "wohlvorbereitete Aktion" beschreibt, durch Hardliner in der SED initiiert wurden, um eine Destabilisierung und das Eingreifen sowjetischer Truppen herbeizuführen. (Glaeßner 1992: 25) In jedem Fall konnte sich die SED im Rahmen dieser Vorfälle als Garant von "Sachkompetenz" und "Ordnung" darstellen. Sie hoffte auf einen Konsens in der Bevölkerung in Bezug auf Antifaschismus und deutsch-sowjetischer Freundschaft. Am 3. Januar 1990 wurde eine Demonstration organisiert und parallel dazu eine Medienkampagne gestartet. Die SED versuchte wieder politischen Aufwind zu gewinnen. (Semtner 1992: 71 f.; Thaysen 1990: 68)
5.1.2. Die Blockparteien
Die Blockparteien befanden sich in einer ähnlichen Lage wie die SED. Auch viele ihrer Spitzenfunktionäre waren unter dem Druck der Straße aus ihren Ämtern gedrängt worden. In der "Koalitionsregierung" unter Hans Modrow, die ihr Gewicht in der Volkskammer stärkte, erhofften sie sich Gelegenheit, rasch ein demokratisches Profil zu entwickeln. Wie die SED verfügten sie über funktionierende politische Apparate und Medien und konnten somit im Gegensatz zu den Oppositionsgruppen eine relativ professionelle Politik betreiben. (Neubert 1997: 881 f.) Am 4. bzw. 5. Dezember verließen CDU und LDPD den "Demokratischen Block", der ohnehin durch den Zerfall des SED-Machtapparates seine Funktion verloren hatte. Ihrem Beispiel folgten die DBD am 5.12. und die NDPD am 7. Dezember. Alle ehemaligen Blockparteien versuchten ihre 40jährige Erblast möglichst schnell in Vergessenheit geraten zu lassen. Am "Runden Tisch", auf den unten detaillierter eingegangen wird, stellten sich CDU und LDPD entsprechend als von der SED unabhängig dar. Zwar blieben sie beispielsweise bezüglich der Frage, ob das Ministerium für Staatssicherheit vollständig aufgelöst werden sollte halbherzig, distanzierten sich aber bis Dezember vollständig von der Sozialismus-Idee. Die CDU bekannte sich auf ihrem Sonderparteitag vom 15. und 16. Dezember zur "Einheit der deutschen Nation" und sozialer Marktwirtschaft. Der Zentralvorstand der LDPD folgte diesem Vorbild am 19.12. mit dem Bekenntnis zur deutschen Einheit und "sozialgerechter Marktwirtschaft". Im Gegensatz zu den wesentlich stärker von der SED abhängigen Blockparteien DBD und NDPD profitierten sie dabei von besonderen Orientierungen in ihrer Mitgliedschaft, die trotz aller Gleichschaltung noch immer vorhanden waren. (Glaeßner 1992: 27; Lehmann 1996: 379, 382; Neubert 1997: 881 f.)
Zuletzt bleibt im Vorgriff noch festzuhalten, daß sich Anfang Februar 1990 die bürgerlichen ehemaligen Blockparteien, bei Unterstützung durch bundesdeutsche Partner, zusammen mit neuen Gruppierungen zu Wahlbündnissen zusammenschlossen. (Glaeßner 1992: 28; Lehmann 1996: 386 f.) Damit war die Entwicklung in Richtung eines bundesdeutschen Parteiensystems in der DDR vollzogen, die mit der Maueröffnung eingesetzt hatte. (Reißig 1992: 75)
5.1.3. Die Oppositionsgruppen
Die Öffnung der Mauer brachte paradoxerweise die Oppositionsgruppen in unerwartete Bedrängnis. Fast alle ihre ursprünglichen Forderungen waren erfüllt, oder standen aufgrund der nun offensichtlich nicht mehr umkehrbaren Demokratisierung vor ihrer schrittweisen Verwirklichung. (Neubert 1997: 882; Torpey 1995: 160) "Die sensationelle Meldung [der Grenzöffnung] platzte mitten in eine Aufbruchsstimmung hinein. [...] Jetzt entstand im Zuge der zweifellos größten Volksbewegung des Wendeherbstes - der Pilgerfahrt in den Westen - eine neue Erfahrung von Entmündigung und Fremdbestimmung. [...] Es begannen der D-Mark-Rummel, der Ausverkauf des Ostens und die große Abwicklung, welche die Demokratiebewegung gleich mit erfaßte. Statt um den Freiheitsbaum tanzten die Menschen nun um das goldene Kalb der Wohlstandsgesellschaft und vollzogen damit die unausweichliche Logik der bürgerlichen Revolution nach." (Wolle 1998: 327) Somit ist nachzuvollziehen, daß sich in den Oppositionsgruppen schon früh im Gegensatz zur breiten Bevölkerung die Freude über die sich überschlagenden Ereignisse in Grenzen hielt, denn sie torpedierte tendenziell ihre Ziele eines erneuerten Sozialismus. (Wolle 1998: 327; Neubert 1997: 877) Kurzfristig wurde sogar darüber diskutiert, ob man nicht zu einer Grenzschließung aufrufen müsse, weil die DDR sonst wirtschaftlich rapide in den Ruin getrieben werden würde. (Neubert 1997: 877)
Durch die sich überschlagenden Ereignisse sahen sich die Gruppen vor das Problem gestellt, rasch politische Antworten auf die nun völlig offene Situation zu finden, denn der totalitaristische SED-Staat, gegen den sie bisher gekämpft hatten, löste sich wie oben beschrieben in atemberaubender Geschwindigkeit auf. Sie mußten sich wie SED und Blockparteien ebenfalls neu orientieren, besaßen aber im Gegensatz zu diesen nur unzureichende finanzielle und technisch-organisatorische Ressourcen. Hinsichtlich der sich abzeichnenden demokratischen Wahlen zur Volkskammer waren die administrativen Voraussetzungen also denkbar ungünstig. (Neubert 1997: 882; Semtner 1992: 39) In der Öffentlichkeit entstand der Eindruck einer zerfahrenen und unsicheren Opposition, die bis zu einem gewissen Grad tatsächlich selbst nicht wußte, welche Ziele und Organisationsform sie anstreben sollte. (Neubert 1997: 883) Klar war allenfalls, daß z.B. das "Neue Forum" zu Protesten gegen die "Restaurationspolitik der SED-PDS und ihres Sicherheitssystems" aufrief, als die Regierung Modrow noch im Januar 1990 an einer Nachfolgeorganisation für den Staatssicherheitsdienst festhalten wollte. (Lehmann 1996: 384)
Spätestens seit den erstmals unüberhörbar bekundetem Wunsch nach einem vereinigten deutschen Staat, unter anderem bei der Leipziger Montagsdemonstration am 27. November, sowie dem "10-Punkte-Plan" Helmut Kohls vom 28. November, rückte auch für die Oppositionsgruppen die Frage nach der deutschen Einheit in den Vordergrund. (Jander 1996: 94; Lehmann 1996: 379; Neubert 1997: 888) Ein Teil der Opposition vertrat den Standpunkt des oben genannten Aufrufs "Für unser Land". Nach Neubert distanzierte sie sich zwar mehrheitlich von ihm, nachdem deutlich geworden war, daß die SED ihn für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren wollte, (Neubert 1997: 890) andererseits warnten zumindest Teile des "Neuen Forums" in Einklang mit diesem Aufruf vor einer Vereinnahmung der DDR durch die Bundesrepublik. (Jander 1996: 97 f.) In jedem Fall galt zunächst trotz der einsetzenden Differenzierung für alle Gruppierungen, daß ein Beitritt der DDR zur Bundesrepublik als keine wünschenswerte Alternative für eine innere Demokratisierung des Landes angesehen wurde. (Jander 1996: 100) Unabhängig von der inneren Entwicklung in der DDR stand die Mehrheit in der "Sozialdemokratischen Partei", dem "Demokratischen Aufbruch", "Demokratie Jetzt" und auch des "Neuen Forums" dabei einer deutschen Konföderation durchaus positiv gegenüber. Ein bloßer Anschluß an die Bundesrepublik wurde aber abgelehnt, statt dessen sollte eine demokratische Regierung in der DDR die Interessen ihrer Bürger vertreten. (Neubert 1997: 888) Tatsächlich kam es ab November 1989 vermehrt zu Erklärungen, Vorschlägen und Initiativen sowohl durch organisierte Gruppen, als auch außerhalb derselben. Sie drückten die Suche der DDR-Gesellschaft nach einer neuen Identität aus. Die meisten Vorstöße erledigten sich allerdings durch den raschen Ablauf der Ereignisse. (Neubert 1997: 878)
Die Frage einer möglichen Vereinigung Deutschlands entwickelte sich zwischen den Oppositionsgruppen zunehmend zum Streitobjekt. So spiegelte sich im ersten Parteiprogramm des "Demokratischen Aufbruchs" Mitte Dezember 1989 die Akzeptanz einer möglichen staat- lichen Einheit wieder, wogegen die "Grüne Partei" in einer Erklärung vom 8. Dezember auf "voller innerer Souveränität beider deutscher Staaten" auch bei einer etwaigen Konföderation bestand. (Jander 1996: 98) Auch die Gruppen, die sich nicht als Partei etablieren wollten, sondern als reine Bürgerbewegungen verstanden, zerstritten sich zunehmend bei diesem Thema. Vertreter des "Neue Forums" warnten, wie bereits angesprochen wurde, vor einem westlichen Sanierungskonzept, das die DDR zu einer verlängerten Werkbank für bundesdeutsche Unternehmen machen würde. Die Gruppe "Demokratie Jetzt" legte dagegen Mitte Dezember einen Dreistufenplan zur deutschen Einheit vor. (Jander 1996: 99; Lehmann 1996: 382) Zu beachten ist ferner, daß die Gruppierungen auch intern uneins waren. So definierte sich das "Neue Forum" beispielsweise am 27./28.1.1990 als "Bürgerbewegung mit politischem Programm". Entgegen dieses Verständnisses bildete sich aus der Gruppierung heraus dennoch die "Deutsche Forumspartei". (Lehmann 1996: 387)
Die Erkenntnis, daß ein erneuerter Sozialismus aufgrund des Wunsches der breiten Masse der Bevölkerung nach einem vereinigten Deutschland nicht durchzusetzen sei, griff immer weiter um sich. (Torpey 1995: 161) Auf ihrer ersten Landesdelegiertenkonferenz in Ost-Berlin vom 12. bis 14. Januar 1990 beschloß die SDP ihre Umbenennung in SPD. Angestrebtes politisches Ziel sollte die deutsche Einheit sein. Die bundesdeutsche Schwesterpartei sicherte durch den Anwesenden Parteivorsitzenden Hans-Jochen Vogel jegliche gewünschte Hilfe zu. (Volkens & Klingemann 1992: 195; Lehmann 1996: 384) Am 20. Januar 1990 beschlossen liberale, christliche und konservative Oppositionsgruppen in Leipzig, die DSU zu gründen. Die von der bayrischen CSU unterstützte neue Partei sollte sich für eine schnelle deutsche Vereinigung einsetzen. (Lehmann 1996: 385) Neben der Pro-Einheits-Stimmung in der Bevölkerung schränkte die allmähliche Übertragung des bundesdeutschen Parteiensystems auf die DDR eine eigenständige Entwicklung zunehmend ein. (Reißig 1992: 75) Die Parteien, die sich in Wahlbündnissen mit westdeutscher Unterstützung wiederfanden, akzeptierten die Führung aus der Bundesrepublik. (Müller-Enbergs 1992: 83) Spätestens das Taktieren von CDU und SPD anläßlich der Diskussion um eine Regierungsbeteiligung aller Gruppen des "Runden Tisches" Ende Januar 1990 verdeutlichte, daß die DDR sich bereits im Wahlkampf befand. (Lehmann 1996: 385; Thaysen 1990: 72 f.)
5.1.4. Die Bevölkerung
Die weiterhin vorhandene Ausreisewelle und der gesteigerte Wunsch nach einem Leben entsprechend dem Vorbild Bundesrepublik wurde oben bereits angesprochen. Die breite Masse war in einem Maße politisiert, daß sie sich nicht mehr allein mit der Grenzöffnung begnügte. Seit dem 27. November forderten in Leipzig Menschen nicht nur den Rücktritt leitender Funktionäre des Staates und der SED, sondern auch erstmals die deutsche Einheit. Hintergrund war der Wunsch der Mehrheit nach der Deutschen Mark. Die systemverändernde Losung "Wir sind das Volk" wandelte sich zur nationalen Losung "Wir sind ein Volk". Damit zeichnete sich ein Auseinanderdriften der ursprünglichen Ziele der Oppositionsgruppen, von denen der Demonstranten ab. Die demonstrierenden Massen akzeptierten entsprechend die Gruppen immer weniger als ihre Sprecher, sondern rückten sie aufgrund ihrer intellektuellen Ansätze zunehmend in die Nähe der SED. (Jander 1996: 94 ff.; Neubert 1997: 877; Reißig 1992: 75; Torpey 1995: 153 ff.) Allgemein wurden die Oppositionsgruppen von der Bevölkerung zunehmend in eine Vermittlerrolle gedrängt. Das "Neue Forum" versuchte beispielsweise die ungeordnete Besetzung von örtlichen Zentralen der Staatssicherheit durch "Bürgerkomitees" zu verhindern. Diese Befürwortete es zwar, strebte aber die Einbeziehung von Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Auflösung der Staatssicherheit an. (Jander 1996: 97) Dennoch stürmten z.B. am 15. Januar Demonstranten die ehemalige STASI-Zentrale in Berlin-Lichtenberg und richteten dort Verwüstungen an. (Lehmann 1996: 384)
Bei den Demonstrationen wurden seit Dezember zunehmend die Spaltung der Bevölkerung in Gegner und Anhänger der deutschen Einheit deutlich. Den Rufe "Wir sind ein Volk" und "Deutschland, einig Vaterland" standen Parolen für eine "souveräne DDR" gegenüber. Am 19. Dezember feierten in Dresden Demonstranten Helmut Kohl mit "Deutschland - einig Vaterland" Sprechchören, in Berlin folgten umgekehrt zehntausende dem Aufruf einiger oppositioneller Gruppen für eine souveräne DDR zu demonstrieren. (Jander 1996: 94 f.; Lehmann 1996: 392 f.)
Seit Januar 1990 stellten die Befürworter der deutschen Einheit schließlich eindeutig die Mehrheit unter den Demonstranten. Es dominierten schwarz-rot-goldene Fahnen ohne DDR-Emblem und entsprechende Sprechchöre und Transparente. Das zweite große Thema stellte die ungebrochene Ablehnung der SED-PDS dar. Im Rahmen des Unmuts über das Festhalten der Regierung Modrow an einer Nachfolgeorganisation der STASI kam es nun außerdem zu Warnstreiks gegen den Machtanspruch der Partei. Es ist unklar, wie real die Gefahr eines Aufstandes der Bevölkerung tatsächlich war, in jedem Fall kam Anfang des Jahres 1990 bei allen Parteien und Gruppen Angst vor Bürgerkrieg und Anarchie auf. (Lehmann 1996: 383 f.; Semtner 1992: 76 f.)
5.1.5. Die "Koalitionsregierung Modrow" und der zentrale "Runde Tisch"
Da die SED seit Mitte November nicht mehr zwangsläufig mit der Regierung gleichzusetzen war, empfiehlt es sich, die wichtigsten Veränderungen und Entscheidungen derselben separat zu skizzieren.
Am 17. November 1989 stellte Ministerpräsident Modrow seine "Regierung des Friedens und des Sozialismus" vor. In der Regierungserklärung wurden einschneidende wirtschaftliche und politische Reformen angekündigt, mit der Bundesrepublik sollte langfristig eine "Vertragsgemeinschaft" angestrebt werden. Das Kabinett Modrow, in dem zunächst noch alle Schlüsselressorts von der SED besetzt waren, wurde am nächsten Tag von der Volkskammer in öffentlicher Abstimmung bestätigt. Eine erste wichtige Entscheidung des Ministerrats stellte die Verschärfung der Zollkontrollen am 23. November dar, die verhindern sollte, daß subventionierte Güter von Ausländern massenhaft aufgekauft würden. Seit dem 24. November durften solche Artikel überhaupt nur gegen Vorlage des DDR-Personalausweises erworben werden. Am 1. Dezember beschloß die Volkskammer auf Antrag aller Fraktionen, den Führungsanspruch der SED aus der Verfassung zu streichen. (Lehmann 1996: 377 ff.)
Der "Runde Tisch" trat erstmals am 7. Dezember unter Moderation von Kirchenvertretern zusammen. Er bestand zur Hälfte aus den alten Kräften der Volkskammer und neuen Oppositionsgruppen bzw. Parteien.(26) Drei weitreichende Beschlüsse wurden gefaßt: Eine neue Verfassung sollte erarbeitet, das Amt für Nationale Sicherheit als Nachfolgeorganisation für das Ministerium für Staatssicherheit aufgelöst, und am 6. Mai 1990 erstmals die Volkskammer frei gewählt werden. (Lehmann 1996: 381; Semtner 1992: 39; Thaysen 1990: 68) Durch den "Runden Tisch" spielten die Oppositionsgruppen nun eine formelle Rolle in Bezug auf die Regierung der DDR. Allerdings war ihre Position zunächst relativ schwach, schon allein weil viel Kraft auf die eigene Formierung verwendet werden mußte, so daß z.B. gar keine realistische Lageeinschätzung möglich war. Im Nachhinein stellte sich außerdem heraus, daß die Opposition massiv durch den Staatssicherheitsdienst unterwandert war.(27) Drei (Neubert 1997: 893). Selbst ein bindendes Vetorecht gegenüber der Regierung konnte faktisch nicht durchgesetzt werden. Somit blieben dem Gremium nur Ultimaten, die in der Regel durch Druck der Straße unterstützt wurden, und die Möglichkeit Vorschläge zu unterbreiten. Trotzdem vertritt Janders die Ansicht, daß die Modrow-Regierung gemeinsam durch die Blockparteien und den "Runden Tisch" kontrolliert wurde. Außerdem führt er im Gegensatz zu anderen Autoren die Schwäche des "Runden Tisches" auch darauf zurück, daß die Opposition gar nicht beanspruchte, als legitimer Sprecher der Bevölkerung gegenüber der SED aufzutreten. Aus dieser Konstellation ergab sich übergangsweise, gleichgültig ob freiwillig oder durch Hilflosigkeit, eine Anerkennung der staatstragenden Rolle der Blockparteien und der Volkskammer durch die Oppositionsgruppen. (Jander 1996: 95 f.; Semtner 1992: 63) Andererseits wurden bereits in der ersten Sitzung Arbeitsgruppen zur Erarbeitung der neuen Verfassung, aber auch für Gesetze und Verordnungen gebildet. An Bedeutung gewannen diese aber erst zu einem späteren Zeitpunkt, als der "Runde Tisch" zunehmend die Aufgabe der durch Korruptionsauf-deckungen und -anklagen abgewerteten alten Volkskammer übernahm. (Semtner 1992: 50)
Der wichtigste Konflikt zwischen "Rundem Tisch" und Regierung entbrannte bei der Frage, wie mit dem Staatssicherheitsdienst bzw. seinen Nachfolgeorganisationen verfahren werden sollte. Die Regierung Modrow befolgte den Beschluß zur vollständigen Abschaffung nur zögerlich und wollte die Institution durch einen Verfassungsschutz und einen Nachrichtendienst ersetzen. Entsprechend wurde ihr mehrfach vorgeworfen, den Staatssicherheitsdienst unter neuem Namen zu restaurieren. Insgesamt verhielten sich die Regierungsvertreter anfangs scheinbar obstruktiv gegenüber dem "Runden Tisch". Es entstand der Eindruck, daß die Regierung weiterhin nur unter äußeren Druck, also Ultimaten und Demonstrationen, zu durchgreifenden Reformen bereit war. (Glaeßner 1992: 24; Lehmann 1996: 383 f.; Thaysen 1990: 70 f.) Dabei bleibt unklar, ob Modrow willentlich die Arbeit des "Runden Tischs" sabotieren wollte, oder schlichtweg der unübersichtlichen Lage in der DDR nicht gewachsen war. Gabriele Lindner führt aus, daß sich die Regierung im Gegensatz zu den Oppositionsgruppen anfangs des Machtkampfes zwischen ihr und dem "Runden Tisch" gar nicht bewußt gewesen sei. Der unentschlossene Regierungskurs wäre demnach nicht unbedingt eine Zermürbungsstrategie gegen die Oppositionsvertreter, sondern vielmehr ein Zeichen von Hilflosigkeit und Rücksichtsnahme auf die unterschiedlichsten Interessengruppen gewesen. (Lindner 1994: 123 f.; Semtner 1992: 64)
Trotz massiven Drucks des "Runden Tisches" kündigte Modrow am ersten Tag einer Volkskammersitzung noch am 11. Januar 1990 in einer Regierungserklärung zum wiederholtem Male die Errichtung eines Verfassungsschutzes an. Erst nach einem Ultimatum und der Androhung von Generalstreik rückte er am zweiten Sitzungstag von seinen Plänen vorerst ab. (Lehmann 1996: 384; Thaysen 1990: 70) Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, daß in der selben Volkskammersitzung ein neues Reisegesetz mit Regelungen zum Erwerb von Devisen, sowie eine Verfassungsänderung, welche Unternehmen mit ausländischer Beteiligung zuließ, verabschiedet wurden. Außerdem wurden einige Minister abberufen und SED-Altfunktionäre wie Egon Krenz und Günter Schabowski schieden auf Wunsch der SED-PDS-Fraktion aus der Volkskammer aus. (Lehmann 1996: 384; Thaysen 1990: 70) Man konnte also von vorsichtigen politischen und marktwirtschaftlichen Reformen sprechen.
Am 15. Januar wohnte Modrow schließlich erstmals einer Sitzung des "Runden Tisches" persönlich bei und bat die Oppositionellen nun entgegen seinem vorherigen Kurs eindringlich, sich an seiner Regierung direkt zu beteiligen, um sozialen Frieden und Gewaltfreiheit einigermaßen aufrechterhalten zu können. Zumindest nach Lindner hatten die Oppositionsgruppen damit endgültig den Sieg im Machtkampf mit der Regierung errungen. Zu diesem Zeitpunkt herrschte aber gleichermaßen in allen Oppositionsgruppen wie den alten Blockparteien die Tendenz vor, die Nähe zur SED zu meiden, um nicht mit in den Sog des Untergangs gerissen zu werden. Insbesondere die SPD sträubte sich gegen eine Koalition mit der SED. Aus diesem Grund sah sich Modrow genötigt, seinen Appell an den "Runden Tisch" eine Woche später zu wiederholen (Glaeßner 1992: 24 f.; Lindner 1994: 127; Semtner 1992: 69 f.; Thaysen 1990: 72)
Nachdem sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert hatte und die Planwirtschaft kurz vor dem Zusammenbruch stand, beschloß am 25. Januar die Regierung, die volle Gewerbefreiheit für Handel, Handwerk und Dienstleistungen zu gewähren. Geregelt wurde außerdem die ausländische Beteiligung an staatseigenen Betrieben. Diese sollte im Regelfall 49 Prozent nicht übersteigen. Auch für Joint-Ventures wurden Regelungen geschaffen. Am gleichen Tag zog die CDU ihre Minister aus der Regierung Modrow zurück, nicht zuletzt um Druck auf die SPD auszuüben, sich ihrerseits an derselben zu beteiligen. Der Vorsitzende De Maizière drohte mit einem völligen Rückzug, einem "Modrow-Plebiszit" und der öffentlichen Anklage der SPD wegen ihrer Verantwortungslosigkeit in Angesicht der katastrophalen Lage des Landes. Dies stellte den vorläufigen Höhepunkt der Regierungskrise dar. (Lehmann 1996: 385; Thaysen 1990: 72)
Am 28. Januar wurde diese Krise entschärft: Nach zähem Ringen unter den Oppositionsgruppierungen und von der SED inzwischen distanzierten alten Parteien wurde vereinbart, daß alle neuen Gruppen, die bisher nicht im Kabinett vertreten waren, einen Minister ohne Geschäftsbereich in eine "Regierung der nationalen Verantwortung" entsenden sollten. Um den Kontakt zwischen Regierung und "Rundem Tisch" zu verbessern, sollte künftig ein Minister an den Tagungen desselben teilnehmen. Außerdem wurde auf Drängen der SPD der Wahltermin für die Volkskammer auf den 18. März 1990 vorverlegt. Am 29. Januar stellte Modrow das mit dem "Runden Tisch" ausgehandelte Vierpunkteprogramm der Volkskammer vor. Außerdem beschrieb er ungeschönt die katastrophale Lage der Wirtschaft, des Staates, der Regierung und der DDR-Gesellschaft als Ganzes. Am 5. Februar wurden die neuen Minister der "Regierung der Nationalen Verantwortung" vereidigt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt fand der "Runde Tisch" aus der Rolle einer Instanz mit relativen Veto heraus, und übernahm Steuerungsfunktionen für jegliche DDR-Politik. (Glaeßner 1992: 25; Lehmann 1996: 385 f.; Semtner 1992: 85 ff.; Thaysen 1990: 73) Dies war schon deshalb notwendig, weil die Volkskammer aufgrund der massenhaften Rücktritte von Abgeordneten nach Vorwürfen des Machtmißbrauchs allmählich kollabierte. (Semtner 1992: 103)
An dieser Stelle schließt die Darstellung der Ereignisse, die mit der Wahrnehmung in den Zeitungen verglichen werden soll. Der Weg zu einem vereinigten Deutschland schien, abgesehen von den ausgeklammerten internationalen Aspekten, vorprogrammiert. Eine Skizzierung der weiteren Entwicklung bis zum Ende des Staates DDR erfolgt deshalb in einem getrennten Kapitel.
5.2. Quantitative Auswertung der Zeitungen
5.2.1. Erklärung der Kategorien
Wie oben dargestellt, überschlugen sich in der DDR nach dem Mauerfall die Ereignisse. Das erschwert natürlich die Bildung eines sinnvollen Übersichtsschemas für den letzten Unter- suchungszeitraum von Mauerfall bis Ende Januar 1990. Die Entwicklung in den einzelnen Bereichen über die Zeit konnte wieder durch unterschiedliche Kategorien aufgefangen werden. Eine weitere Aufgliederung der Bereiche selbst ließ sich dennoch nicht vermeiden. Einmal differenzierten sich nun die ursprünglichen politischen Institutionen. Entsprechend wurden SED, Blockparteien und andere Massenorganisationen getrennt. Außerdem konnte die SED nicht mehr zwingend mit der Regierung gleichgesetzt werden, weshalb eine neue gleichnamige Rubrik angelegt wurde. Zuletzt muß nach der Grenzöffnung die Darstellung der Gruppen von der Bevölkerung getrennt werden, die nun deutlich unterscheidbar wurden. Eigentlich konnte man auch nicht mehr von einer einheitlichen Opposition sprechen, sondern einem sich zunehmend differenzierenden Spektrum. Da ein weiteres Splitting in einzelne Gruppen das Schema gesprengt hätte, ging diese Tatsache in die Kategorien ein.
Umgekehrt wurden spätestens seit der Einrichtung des "Runden Tisches" die Grenzen zwischen altem Machtapparat und neuen Gruppierungen fließend. Entsprechend seiner Funktion wurde der "Runde Tisch" der Regierung zugerechnet und von den Oppositionsgruppen formal unterschieden. Das Zusammenrücken von politisch ähnlich orientierten neuen Gruppen und alten Blockparteien fand dagegen seinen Höhepunkt erst im Februar, als sich formal Wahlbündnisse bildeten. Es kann daher im Interesse der Übersichtlichkeit hier noch unberücksichtigt bleiben.
Auf die Rubrik "Prognosen" wurde im Übersichtsschema aus diversen Gründen(28) nach dem Mauerfall vollständig verzichtet. Da sie ohnehin zum großen Teil nicht mehr von der Darstellung aktueller Gegebenheiten zu trennen waren, flossen sie in deren Übersicht in, was bei der folgenden Erklärung der einzelnen Kategorien erläutert wird.
a. Wirtschaft
Da der Zustand der Wirtschaft in allen drei Zeitungen an Gewicht gewann, konnten, bzw. mußten die Kategorien stärker als zuvor formalisiert werden: "Mißwirtschaft, Verfall & Ruin" umfaßt im wesentlichen alle Darstellungen von verfallenden Fabrikanlagen und Gebäuden, dem akuten oder als unausweichlich angesehenen Zusammenbrechen der Produktion, sowie den Fehlentscheidungen, die zu dieser Situation geführt hatten. Im Eintrag "Währungsproblematik" wurden Artikel eingeordnet, die sich mit der Schwäche der DDR-Mark, ihrem Kaufkraftüberhang und den resultierenden Effekten beschäftigten. Als Stich-worte seien der Erwerb von subventionierten DDR-Produkten mit Hilfe schwarz getauschtem Geldes und Schwarzarbeit von DDR-Bürgern gegen harte Währung genannt. "Umweltproblematik" umfaßt alle Darstellungen von Umweltzerstörung. "Probleme durch Ausreise" ist im wesentlichen identisch mit der Kategorie "Flüchtlinge reißen Lücken" des vorherigen Abschnitts. Des weiteren wurden Prophezeiungen, daß ein möglicher weiterer Exodus die Situation noch verschärfen könnte, ebenfalls dort aufgenommen. "Arbeitslosigkeit (akut oder prognostiziert)" spricht für sich selbst. Anzumerken ist, daß "akute Arbeitslosigkeit" sich im Untersuchungszeitraum noch auf ehemalige SED-Funktionäre oder Stasi-Mitarbeiter beschränkte. Die beiden nächsten Tabelleneinträge besitzen stark prognostischen Charakter. Unter "DDR-eigene positive Aspekte" fallen zunächst Darstellungen von scheinbar international konkurrenzfähigen Wirtschaftszweigen oder Betrieben. Außerdem wurden Einschätzungen zugerechnet, nach denen die DDR durch weitere Kreditaufnahme und West-Know-how eine Chance zur Reformierung ohne westliche "Übernahme" hätte. Bis zu einem gewissen Grad ist diese Kategorie ein Indikator dafür, daß Autoren den alten offiziellen DDR-Statistiken glauben schenkten. Als Gegenpol wurden bei "massive ausländische Hilfe nötig" alle Darstellungen einbezogen, welche tendenziell die tatsächliche Schuldensituation wiedergaben, den Fokus auf nicht-wettbewerbsfähige Teile der Wirtschaft legten oder explizit feststellten, daß die DDR-Wirtschaft aus eigener Kraft den Kollaps nicht mehr verhindern könnte. Bei "Kooperation mit BRD-Firmen" wurden Ankündigungen oder schon vorhandene Kooperationen, z.B. Joint-Ventures, eingeordnet. Dieser Tabelleneintrag ist dabei unabhängig von den vorherigen Kategorien, weil er keine Wertung enthält, ob es sich hier um die Kooperation gleichwertiger Partner entsprechend einer aus eigener Kraft reformierbaren DDR, oder die faktische Übernahme nicht mehr aus eigener Kraft überlebensfähiger Betriebe, bzw. bundesdeutsche "Firmenableger" handelt.
b. alte Institutionen - SED
Die Kategorien "stark reformiert", "bedingt reformiert" und "kaum reformiert" stellen wertende Darstellungen dar. Sofern eine explizite Wertung im Artikel nicht vorzufinden war, wurde aus dem Kontext eine Zuordnung vorgenommen. Die Darstellung von gravierenden neuen Weichenstellungen bei einhelliger Zustimmung fanden bei "stark reformiert" Aufnahme. Unter "bedingt reformiert" wurden Veränderungen aufgenommen, die weniger durch die Führungsspitze initiiert, als durch die Basis erzwungen wurden. Außerdem fanden hier Darstellungen von Rehabilitationen von Dissidenten durch die SED Aufnahme. Hinweise auf alte Denkweisen und Feindbilder bei eigentlich als Demonstration der eigenen Reformwilligkeit geplanten Auftritten prominenter SED-Mitglieder finden sich schließlich bei "kaum reformiert" wieder.
Bei "Aktionen für den eigenen Machterhalt" wurden Artikel aufgenommen, welche die SED als um Rückhalt in der Bevölkerung kämpfend darstellten, und zwar unabhängig von der Meinung des jeweiligen Autors über deren prinzipiellen Reformierungsgrad. Im wesentlichen enthält die Kategorie Beiträge über die Instrumentalisierung des Aufrufs "Für unser Land" und die Schmierereien am sowjetischen Ehrenmal.
Die drei letzten Kategorien umfassen den wahrgenommenen Verfall der Partei. "Interne Konflikte" und "Mitgliederschwund" sprechen für sich selbst. Der Eintrag "(fast) am Ende" ist teilweise Bestandsaufnahme, teilweise prognostischer Natur. Entsprechende Wahrnehmungen wurden hier aufgenommen.
c. alte Institutionen - Blockparteien
"Verbleiben in der Regierung" spricht für sich selbst. Die wahrgenommenen Ursachen hierfür konnten alte SED-Zugehörigkeit, Profilierungsversuche oder Verantwortungsgefühl sein. Eine diesbezügliche Aufgliederung hätte das Schema gesprengt und war aufgrund der insgesamt geringen Fallzahl auch nicht sinnvoll. "Defizite" umfaßt Mangel an glaubwürdigen und fähigen Politikern, mangelndes Know-how, sowie fehlende materielle Ressourcen wie Räume, Telefone oder Kopierer. Die Kategorie "Distanzierung zur SED & Reformen" soll die inhaltliche Lücke bei "Verbleiben in der Regierung" schließen und stellt dar, inwieweit ein Eigenleben der (ehemaligen) Blockparteien von den Autoren wahrgenommen wurde. "Wandel zu Wiedervereinigungs-Partei" besagt, daß eine Partei die Stimmung der Bevölkerung aufgegriffen, und ihr Programm in Richtung einer Zielsetzung für eine schnelle Vereinigung von BRD und DDR geändert hatte. "Kooperation mit BRD-Partnern" umfaßt Darstellungen der Zusammenarbeit, Unterstützung, bzw. Einvernahme von DDR-Parteien durch ihre bundesdeutschen Pendants.
d. alte Institutionen - Massenorganisationen
In diesem Bereich wurden alle angesprochenen ehemaligen Massenorganisationen berücksichtigt. Auf eine Differenzierung mußte auch hier aufgrund geringen Artikelzahl und zur Wahrung der Übersichtlichkeit verzichtet werden.
Die Kategorien "Distanzierung zur SED & Reformen", "Mitgliederschwund" und "Kooperation mit BRD-Partnern" sind identisch mit bereits oben für andere Bereiche erklärten. Der Gegenpol zur erstgenannten Kategorie besteht hier in Form von "nur schwach reformiert". Sie umfaßt alle Beiträge mit entsprechendem Vorwurf. Der Eintrag "Vorbehalte gegen Regierungsreformen" kam durch Aussagen des FDGB zustande, der seine Rolle als Vertreter der Arbeiterschaft gegen marktwirtschaftliche Reformen suchte.
e. Regierung
"Reformen (stark oder ohne Wertung)" umfaßt politische wie wirtschaftliche Reformen in Form von Vorschlägen, Ankündigungen und Gesetzen. Auf das Verhältnis derselben wird an entsprechender Stelle eingegangen. In die Rubrik "explizit halbherzige Reformen" wurden alle Beiträge einsortiert, welche die jeweilige Reform explizit als ungenügend darstellten. Als Beispiel sei die 49-Prozent-Grenze für ausländische Beteiligungen an DDR-Betrieben genannt, die insbesondere in der WELT kritisiert wurde. Reformen, die gegen den ursprünglichen Willen der Regierung zustande kamen, wie der vollständige Verzicht auf einen Nachrichtendienst, finden sich bei "Reformen erst nach äußerem Druck" wieder. Gesetze gegen die Zustände, die sich aufgrund der "Währungsproblematik" ergaben, bekamen eine eigene Kategorie, weil es sich hier weniger um Reformen, als um eine Reaktion auf die Wirkungen derselben handelte. Die Bezeichnung "Gesetze gegen ‘Ausverkauf’ etc." wurde gewählt, weil es sich im wesentlichen um eben solche handelte. Als Beispiele seien Restriktionen bezüglich der Arbeit im Westen und das Verbot, subventionierte Waren an Nicht-DDR-Bürger zu verkaufen genannt. Unter "Hilflosigkeit" wurden Wahrnehmungen entsprechenden Inhalts, sowie Aufforderungen Modrows an die Opposition zusammengefaßt, sich an der Regierung zu beteiligen, um das Land zu stabilisieren. "Konflikt Modrow vs. Opposition / R. Tisch" gibt Vorhaben der Modrow-Regierung wieder, welche gegen den Willen der Opposition bzw. Weisungen des "Runden Tisches" gerichtet waren. Im wesentlichen handelte es sich hier um die schleppende STASI-Auflösung und die Installation von Nachfolgeorganisationen. Darstellungen von Reaktionen der Gruppen darauf wurden ebenfalls dort aufgenommen, nicht jedoch Artikel, die sich ausschließlich mit Demonstrationen und Streiks dagegen beschäftigten, sofern sie nicht explizit einen Aufruf einer Oppositionsgruppe enthielten. "Darstellung Runder Tisch" beinhaltet die Beschreibung der Konstituierung bzw. der Arbeit desselben. "Kooperation mit BRD" umfaßt die Berichterstattung über deutsch-deutsche Kontakte, Gespräche und Abkommen auf Regierungsebene.
f. Oppositionsgruppen und neue Parteien
Die ersten drei Kategorien stellen den Zustand der Oppositionsgruppen dar. "Konflikt innerhalb einer Gruppe" umfaßt internen Meinungsstreit, sowie Abspaltungstendenzen. "Konflikt zwischen den Gruppen" dagegen entsprechende Darstellung von Machtkämpfen bzw. dem Auseinanderfallen des Bündnisses der Opposition gegen die SED. Als "nicht arbeitsfähig" wurde die Opposition eingestuft, wenn Mangel an konkreter Programmatik, Know-how, charismatischen Persönlichkeiten, oder materiellen Ressourcen dargestellt wurden. Auch Äußerungen, daß die Opposition nicht in der Lage wäre, das Vakuum nach einem etwaigen vollständigen Rückzug von Modrow, der SED und den ehemaligen Blockparteien zu füllen, finden sich hier wieder.
"Dilemma Regierungsbeteiligung" enthält Darstellungen des Zwiespalts, ob sich eine Gruppe oder neue Partei nach dem Modrow-Aufruf, bzw. den CDU-Ultimaten hierzu, an der Übergangsregierung beteiligen sollte.
Die folgenden Kategorien beleuchten das Verhältnis zur Bundesrepublik und dem Ziel einer staatlichen Vereinigung. "Gegen BRD-Vereinnahmung" steht "Umschwung zu Pro-Einheits- Kurs" gegenüber. Inhaltlich umfassen die Einträge ein Festhalten an einer souveränen DDR und eigenständigen politischen Gruppen unmittelbar nach dem Mauerfall, im Gegensatz zum Aufgreifen des Einheitswunsches der Bevölkerung bzw. der bundesdeutschen Partner im Laufe der Zeit. Zusammenarbeit mit bundesdeutschen Parteien findet sich in einer eigenen Kategorie "Kooperation mit BRD-Partnern" wieder, die getrennt aufgeführt wurde, weil sie zumindest Anfangs nicht zwingend den Schwenk zu einer Befürwortung der schnellen deutschen Einheit bedeutete.
"Sonstige Darstellung" umfaßt alle aufgefundenen Forderungen von oder Berichte über Oppositionsgruppen und Parteien, die sich in keine der anderen Kategorien zuordnen ließ.
g. Bevölkerung
Die Euphorie nach der Öffnung der Grenzen und die Freude bei den menschlichen Begeg-nungen wurden der Kategorie "Freude / Euphorie" zugeordnet.
"Wut auf Regierung oder SED" beinhaltet alle entsprechenden Darstellungen von Einzel- personen oder im Rahmen von Demonstrationen bzw. Streiks.
Die folgenden Kategorien beschäftigen sich im weiteren Sinn mit dem wahrgenommenen Verhältnis der Bevölkerung zur Bundesrepublik. "Für Wiedervereinigung" und "Gegen Wiedervereinigung" beinhalten Einzelstimmen oder die Darstellung von Kundgebungen mit einer eindeutigen Mehrheit zur entsprechenden Aussage, ohne Darstellung einer Minderheit, die sich gegenteilig artikuliert. "Spaltung in Wiedervereinigungsfrage" wurden entsprechend Aussagen zugeordnet, die explizit eine solche benannten, oder entsprechend gespaltene Demonstrationen bzw. Umfrageergebnisse wiedergaben. "Anti-westliche Stimmung" unterscheidet sich von "Gegen Wiedervereinigung" dadurch, daß sich in den zugeordneten Artikeln weniger die mögliche staatliche Einheit, als beispielsweise Abneigungen gegen westliches "Großkapital" bzw. die Angst vor dem "Ausverkauf" der DDR widerspiegelten.
Die beiden restlichen Kategorien fallen etwas aus dem Schema: "Faschismusproblem" beinhaltet Darstellungen von Skinhead-Überfällen, dem Wunsch nach den Grenzen von 1937 und ähnliches. Diese Kategorie ist am Rande im Zusammenhang mit der Frage interessant, ob die SED im Gesamtbild nur ein scheinbares Faschismusproblem für ihre Zwecke instrumentalisierte, oder tatsächlich ein solches Gefahrenpotential als vorhanden dargestellt wurde. "Importierter Rechtsradikalismus", wie Flugblattaktionen von westlichen Gruppierungen wurden nicht zugeordnet. "Endgültige Ausreise (sofern nicht bei Wirtschaft)" umfaßt alle Darstellungen der weiteren Flucht aus der DDR, die eindeutig aktuellen Charakter besaßen und nicht nur als Ursache der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage erwähnt wurden.(29)
5.2.2. Die TAGESZEITUNG
Die Vorgehensweise zur Selektion der Artikel entsprach im Prinzip der des vorherigen Untersuchungszeitraums.(30) Diesmal wurden 560 Artikel mit für das Thema relevantem Inhalt identifiziert. Somit hat sich die Anzahl der Beiträge, die sich mit der DDR beschäftigten, nach der Grenzöffnung in einem nur wenige Tage längeren Untersuchungszeitraum mehr als verdoppelt.
Die Berichterstattung über die wirtschaftliche Situation in der DDR hat nach dem Mauerfall in der TAZ eindeutig an Relevanz gewonnen. Dabei haben Aussagen im Zusammenhang mit der allgemeinen desolaten Situation, der DDR-Währung, sowie der ökologischen Lage gleichermaßen exponentiell zugelegt. Hinweise auf die wirtschaftlichen Folgen des Bevölkerungsexodus sind dagegen nur etwa doppelt so häufig wie vor der Grenzöffnung genannt worden, was ungefähr dem Verhältnis der Steigerung der Gesamtzahl der Beiträge entspricht. Relativ gesehen nahm also das Augenmerk auf diese Problematik eher ab. Die neue Kategorie "Kooperation mit BRD-Firmen" nahm einen ähnlichen Stellenwert wie die Umweltproblematik ein. Die Zukunftsaussichten für die DDR stellten sich in der TAZ relativ positiv dar. Abgesehen davon ging die Darstellung konform mit den Erkenntnissen aus dem Kapitel über die tatsächliche wirtschaftliche Situation.
Aufgrund der neuen Stellung der Wirtschaft haben die anderen Bereiche nach der Grenzöffnung relativ an Gewicht verloren. Dabei ist keine gravierende Veränderung des quantitativen Verhältnisses der Darstellung dieser Bereiche untereinander zu erkennen.(31)
Bezüglich der alten, vorrevolutionären Strukturen, ergibt sich folgendes Bild: Der SED wurde die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei wurde der Reformierungsversuch der Partei weitgehend als glaubhaft wahrgenommen. Nur wenige Inhalte implizierten, daß die Veränderungen nur oberflächlichen Charakter besaßen. Gleichzeitig stellten die TAZ-Autoren häufig interne Konflikte im Rahmen des Veränderungsprozesses fest. Ein nicht geringer Teil der Darstellungen führte dabei zu dem Schluß, daß der ebenfalls festgestellte Mitgliederschwund, zusammen mit den eben angesprochenen Konflikten und dem stalinistischen Erbe, einAuseinanderbrechen und somit das Ende der ehemaligen Staatspartei zur Folge haben würde. Etwas mehr Beiträge wiesen allerdings auf "Aktionen für den Machterhalt" hin, was eher für die Wahrnehmung einer neuen Vitalität der Partei spricht.
Bei den (ehemaligen) Blockparteien wurden Defizite und das Verbleiben in der Regierung Modrow angesprochen. Wichtigere Themen waren jedoch die Distanzierung zur SED, das Aufgreifen der Zielsetzung eines vereinigten Deutschlands und die Intensivierung der Kontakte mit bundesdeutschen Parteien. Auffällig bei der TAZ-Berichterstattung war, daß über die ehemaligen SED-Massenorganisationen ähnlich häufig berichtet wurde. Auch hier wurde eine Emanzipation von der SED wahrgenommen und nur selten auf mangelnde Reformierung hingewiesen. Der FDGB suchte offensichtlich eine neue, prinzipiell von der Regierung unabhängige Rolle, was die Einträge bei "Vorbehalte gegen Regierungsreformen" belegen.
Insgesamt ergab sich für den Gesamtbereich "alte Institutionen" ein Bild, welches sich weitgehend mit den heutigen Erkenntnissen deckt.
Bei der Darstellung der Regierung nahm die Berichterstattung über Reformen den größten Raum ein, wobei relativ wenige Reformen explizit nur als "halbherzig" oder durch äußeren Druck erzwungen erschienen. Insgesamt überwog die Berichterstattung über marktwirtschaftliche, im Vergleich zu politischen Reformen. In geringerem Umfang fanden Initiativen zur Lösung aktueller Probleme, die sich aus der neuen Freizügigkeit ergaben, Erwähnung. Daneben wurde vergleichsweise selten darauf hingewiesen, daß Modrow einen hilflosen Politikstil an den Tag legen würde. Der "Runde Tisch" stellte das zweite große Thema dar, wobei hier ungefähr gleich häufig eine allgemeine Darstellung und der Konflikt mit der Regierung Modrow vorzufinden war. Die geringste Thematisierung wurde Treffen und Vereinbarungen zwischen DDR und BRD auf Regierungsebene zuteil.
Die Darstellung der Oppositionsgruppen und neuen Parteien entsprach im Prinzip den Erkenntnissen des Kapitels über den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse. Entsprechend wurde die Arbeitsfähigkeit schon früh in Frage gestellt, Konflikte innerhalb und zwischen den Gruppen dagegen erst später vermehrt beschrieben. Die Zurückhaltung in Bezug auf die bloße Übernahme bundesdeutscher Strukturen und Ansätze, wich zunehmend Darstellungen der Kooperation mit westlichen Partnern und dem Umschwung einer auf die deutsche Einheit gerichteten Zielsetzung. Die Schilderung der Überlegungen bezüglich einer Regierungsbeteiligung bezogen sich naturgemäß ausschließlich auf den Zeitpunkt nach dem entsprechenden Angebot Modrows.
Auch die Darstellung der Stimmung in der Bevölkerung folgte dem im Nachhinein festgestellten Muster: Zunächst überwog die Euphorie über die Grenzöffnung, die nach spätestens zwei Wochen der Wut auf die Verbrechen der SED und die als hinhaltend wahrgenommene Politik der Regierung wich. Entsprechend gab es insgesamt deutlich mehr Unmutsäußerungen als Darstellungen von Freude. Stimmen, die allgemein gegen die Bundesrepublik und speziell gegen die Wiedervereinigung laut wurden, wichen einer gegenteiligen Darstellung. Dabei waren die wiedergegebenen Stimmungen über die zweieinhalb Monate hinweg bei der TAZ relativ ausgeglichen vertreten und die Spaltung der Bevölkerung in dieser Frage wurde erkannt. Etwas nebensächlichere Themen waren das tatsächlich vorhandene faschistische Potential und die nur kurzfristig abebbende, nicht jedoch beendete Ausreisewelle.
Wirtschaft | alte Institutionen | Regierung | Oppositionsgruppen und neue Parteien | Bevölkerung | ||
Mißwirtschaft, Verfall, Ruin 48 |
SED | Blockparteien | Massenorganisationen | Reformen (stark oder ohne Wertung) 46 |
Konflikt innerhalb einer Gruppe 22 |
Freude / Euphorie 25 |
Währungsproblematik 42 |
stark reformiert 10 |
Verbleiben in Regierung 5 |
Distanzierung zur SED & Reformen 11 |
explizit halbherzige Reformen 5 |
Konflikt zwischen Gruppen 23 |
Wut auf Regierung oder SED 44 |
Umweltproblematik 35 |
bedingt reformiert 15 |
Defizite 1 |
nur schwach reformiert 2 |
Reformen erst nach äußerem Druck 9 |
nicht arbeitsfähig 25 |
Für Wiedervereinigung 15 |
Probleme durch Fluchtbewegung 13 |
kaum reformiert 3 |
Distanzierung zur SED & Reformen 10 |
Vorbehalte gegen Regierungsreformen 2 |
Gesetze gegen "Ausverkauf" etc. 6 |
Dilemma Regierungsbeteiligung 12 |
Spaltung in Wieder- vereinigungsfrage 15 |
Arbeitslosigkeit (akut oder prognostiziert) 7 |
Aktionen für Machterhalt 18 |
Wandel zu Wiedervereinigungs-Partei 6 |
Mitgliederschwund 4 |
Hilflosigkeit 7 |
Gegen BRD-Vereinnahmung 20 |
Gegen Wiedervereinigung 6 |
DDR-eigene positive Aspekte 10 |
interne Konflikte 16 |
Kooperation mit BRD-Partnern 15 |
Kooperation mit BRD-Partnern 8 |
Konflikt Modrow vs. Opposition / R. Tisch 18 |
Umschwung zu Pro-Einheit-Kurs 11 |
Anti-westliche Stimmung 13 |
massive ausländische Hilfe nötig 3 |
Mitgliederschwund 9 |
Darstellung Runder Tisch 23 |
Kooperation mit BRD-Partnern 40 |
Faschismusproblem 10 | ||
Kooperation mit BRD-Firmen 36 |
(fast) am Ende 15 |
Kooperation mit BRD 17 |
Sonstige Darstellung 43 |
endgültige Ausreise (sofern nicht bei Wirtschaft) 15 |
5.2.3. Die ZEIT
In den Ausgaben vom 17. November 1989 bis 2. Februar 1990(32) wurden 118 relevante Artikel identifiziert. Es wurde also fast doppelt so häufig über die DDR berichtet, als vor der Maueröffnung. Die grobe Verteilung der Darstellungen auf die einzelnen Bereiche und Kategorien im Schema ist weitgehend identisch mit der von der TAZ. An dieser Stelle genügt es also einzelne signifikante Unterschiede zwischen den beiden Zeitungen anzusprechen.
Die Staffelung der Kategorien im Bereich "Wirtschaft" ist bis auf zwei Ausnahmen identisch: Die Ökonomie der DDR erschien in der ZEIT insgesamt weniger aus eigener Kraft reformierbar, die Darstellung entsprach also etwas mehr den Realitäten. Interessanterweise wurde dennoch vergleichsweise selten auf Kooperation, z.B. in Form der Darstellung von Joint- Ventures mit westlichen Firmen hingewiesen. Beim Vergleich zum vorherigen Unter- suchungsabschnitt fällt der Unterschied zur TAZ weit mehr ins Gewicht. Unter Berücksichtigung der gestiegenen Gesamtartikelzahl nahm die Darstellung des Verfalls der Wirtschaft in der ZEIT im Verhältnis nicht zu, und die Thematisierung der Folgen des Massenexodus war relativ betrachtet sogar rückläufig. Wie ausgeführt wurde, berichtete Die ZEIT vor der Grenzöffnung bereits etwas ausführlicher als die anderen Zeitungen über äußeren Verfall und die wirtschaftlichen Folgen des Massenexodus. Spekulativ kann das relative Desinteresse an diesen Aspekten nach dem Mauerfall deshalb darauf zurückgeführt werden, daß diese Sachverhalte keine Neuigkeiten darstellten und deshalb weniger herausgestellt werden mußten.
Bei der Darstellung des Zustandes der SED fällt im ZEIT-TAZ-Vergleich primär ins Auge, daß Schilderungen von mangelhafter Reformierung der Partei in der ZEIT häufiger waren, als solche, die starke oder zumindest moderate Veränderungen implizierten. Paradoxerweise sind trotz dieser für die SED negativen Bilanz nur wenige Aussagen zu finden, nach denen sie tatsächlich versuchte ihre Macht zu erhalten, bzw. zurück zu gewinnen.
Die Tatsache, daß nur wenige Aussagen über Blockparteien und ehemals der SED angeschlossenen Massenorganisationen zu ermitteln waren, ist wahrscheinlich hauptsächlich auf die insgesamt im Vergleich zur TAZ geringe Artikelzahl zurückzuführen. Das Verbleiben von CDU und LDPD in der Regierung Modrow fand keine Erwähnung, auch die Kooperation mit bundesdeutschen Parteien war fast kein Thema. Defizite, Distanzierung zur SED und die neue Zielsetzung in Richtung eines vereinigten Deutschlands wurden dagegen im Vergleich sogar relativ häufig aufgegriffen. Die Massenorganisationen wurden insgesamt fast gar nicht erwähnt, eine Diskussion der Tendenz in der Darstellung erübrigt sich daher.
Über die Arbeit der Regierung wurde in der ZEIT extrem wenig unreflektiert oder positiv berichtet. Dagegen wurde die Halbherzigkeit von Reformen oder die Tatsache, daß diese erst nach äußerem Druck erfolgten, häufiger beklagt. Deshalb ergibt sich im Gegensatz zur TAZ bei der ZEIT eine negative Gesamtdarstellung der Reformbemühungen der Regierung bei einem insgesamt etwas geringerem Augenmerk auf diesen Bereich. Ansonsten sind keine gravierenden Unterschiede erkennbar. Allenfalls könnte man mit aller Vorsicht von einer Tendenz in der ZEIT sprechen, die Hilflosigkeit der Modrow-Regierung und ihre Initiativen gegen den "Ausverkauf" der DDR hervorzuheben.
Die Beschreibung der neuen politischen Kräfte entsprach dem in der TAZ, wobei die personellen, programmatischen und organisatorischen Defizite vergleichsweise stark hervorgehoben wurden. Ansonsten fällt lediglich auf, daß die Zusammenarbeit mit bundesdeutschen Parteien kaum thematisiert wurde, und bloße Darstellungen sehr selten waren.
Der Bereich "Bevölkerung" sticht im Vergleich mit der TAZ etwas hervor. Unter Berücksichtigung der insgesamt geringen Artikelzahl wurde die Stimmung in der Bevölkerung relativ häufig thematisiert. Die Tendenz der Berichterstattung war ähnlich, nur wurde in der ZEIT vergleichsweise selten explizit die Spaltung der Bevölkerung in der Wiedervereinigungsfrage angesprochen. Außerdem gab es weniger Beiträge mit Hinweisen auf ein in der DDR tatsächlich vorhandenes neonazistisches Potential.
Wirtschaft | alte Institutionen | Regierung | Oppositionsgruppen und neue Parteien | Bevölkerung | ||
Mißwirtschaft, Verfall, Ruin 29 |
SED | Blockparteien | Massenorganisationen | Reformen (stark oder ohne Wertung) 6 |
Konflikt innerhalb einer Gruppe 8 |
Freude / Euphorie 11 |
Währungsproblematik 22 |
stark reformiert 3 |
Verbleiben in Regierung 0 |
Distanzierung zur SED & Reformen 1 |
explizit halbherzige Reformen 4 |
Konflikt zwischen Gruppen 9 |
Wut auf Regierung oder SED 25 |
Umweltproblematik 12 |
bedingt reformiert 5 |
Defizite 2 |
nur schwach reformiert 0 |
Reformen erst nach äußerem Druck 5 |
nicht arbeitsfähig 16 |
Für Wiedervereinigung 14 |
Probleme durch Fluchtbewegung 12 |
kaum reformiert 7 |
Distanzierung zur SED & Reformen 5 |
Vorbehalte gegen Regierungsreformen 0 |
Gesetze gegen "Ausverkauf" etc. 2 |
Dilemma Regierungsbeteiligung 3 |
Spaltung in Wiedervereinigungsfrage 7 |
Arbeitslosigkeit (akut oder prognostiziert) 5 |
Aktionen für Machterhalt 4 |
Wandel zu Wiedervereinigungs-Partei 2 |
Mitgliederschwund 1 |
Hilflosigkeit 4 |
Gegen BRD-Vereinnahmung 8 |
Gegen Wiedervereinigung 4 |
DDR-eigene positive Aspekte 5 |
interne Konflikte 12 |
Kooperation mit BRD-Partnern 1 |
Kooperation mit BRD-Partnern 1 |
Konflikt Modrow vs. Opposition / R. Tisch 4 |
Umschwung zu Pro-Einheit-Kurs 3 |
Anti-westliche Stimmung 9 |
massive ausländische Hilfe nötig 10 |
Mitgliederschwund 4 |
DarstellungRunder Tisch 4 |
Kooperation mit BRD-Partnern 5 |
Faschismusproblem 2 |
||
Kooperation mit BRD-Firmen 10 |
(fast) am Ende 8 |
Kooperation mit BRD 3 |
Sonstige Darstellung 3 |
endgültige Ausreise (sofern nicht bei Wirtschaft) 10 |
5.2.4. Die WELT
Im zweiten Untersuchungsabschnitt verblieben in der WELT 101 Artikel mit für die Fragestellung relevantem Inhalt. Die Steigerung fiel gegenüber den 69 Beiträgen bis zum 9. November 1989 also geringer als bei den beiden anderen Zeitungen aus. Unter Umständen ist dieser Sachverhalt darauf zurückzuführen, daß in der WELT beispielsweise die Diskussion der "Deutschen Frage" schon vor der Grenzöffnung häufig thematisiert wurde und sich entsprechend nach dem Mauerfall vergleichsweise wenig steigern ließ.
Auch bei der WELT kam es zu einer Verlagerung des Augenmerks auf die wirtschaftliche Situation. Die Schwerpunktsetzung war identisch mit der in der ZEIT. Es fällt lediglich auf, daß in keinem Artikel die Möglichkeit von Arbeitslosigkeit in einer reformierten DDR thematisiert wurde. Im Vergleich zum vorherigen Untersuchungsabschnitt waren dagegen ähnliche Effekte wie bei der ZEIT nur in schwacher Form vorhanden. Sie sind allenfalls in geringem Umfang bezüglich der Darstellung des äußeren Verfalls zu erkennen, die im Vergleich zur TAZ ebenfalls nur schwach zugenommen hatte.
Die Darstellung der SED in der WELT unterschied sich zwar insgesamt kaum von der in der ZEIT, jedoch überwogen extrem positive und extrem negative im Vergleich zu moderaten Einschätzungen des Reformprozesses der Einheitspartei. Entsprechend wurde etwas häufiger warnend auf Entwicklungen hingewiesen, die darauf hindeuteten, daß die SED offensiv um ihre Macht kämpfte.
Auch in der WELT wurde die Reformierung der ehemaligen Blockparteien angesprochen. Als einzige Zeitung war bei ihr aber ein ebenso wichtiges Thema, daß die "jämmerliche Ost-CDU [...] auch jetzt nicht die Kraft findet, die SED abzuschütteln und einen radikalen Neuanfang zu wagen" (Schnell in WELT Nr. 18 vom 22.1.1990) und in der Modrow-Regierung blieb.
Ehemalige Massenorganisationen der SED kamen in der WELT so gut wie gar nicht zur Sprache.
Als einzige der betrachteten Zeitungen überwogen in der WELT negative im Vergleich zu positiven oder unkommentierten Darstellungen von Regierungsreformen. Ansonsten entsprach die Darstellung quantitativ weitestgehend der in der ZEIT.(33)
Bei der Darstellung der Oppositionsgruppen und neuen Parteien fällt auf, daß in der WELT die Konflikte innerhalb und zwischen denselben kaum Beachtung fanden. Des weiteren nahmen die Autoren vergleichsweise weniger Stimmen aus der Oppositionsbewegung wahr, die sich gegen eine Vereinnahmung aus der BRD aussprachen und wiesen relativ häufig darauf hin, daß sich die Zielsetzung in Richtung eines vereinigten Deutschen Staates veränderte.
Auch die Darstellung der Stimmung in der Bevölkerung entspricht mit zwei Ausnahmen in seiner groben Verteilung dem abgebildeten Schema der ZEIT: Stimmen gegen die Wiedervereinigung fanden gar keine Beachtung und anti-westliche Stimmung wurde lediglich einmal wiedergegeben.
Wirtschaft | alte Institutionen | Regierung | Oppositionsgruppen und neue Parteien | Bevölkerung | ||
Mißwirtschaft, Verfall, Ruin 19 |
SED | Blockparteien | Massenorganisationen | Reformen (stark oder ohne Wertung) 6 |
Konflikt innerhalb einer Gruppe 2 |
Freude / Euphorie 11 |
Währungsproblematik 17 |
stark reformiert 4 |
Verbleiben in Regierung 5 |
Distanzierung zur SED & Reformen 1 |
explizit halbherzige Reformen 7 |
Konflikt zwischen Gruppen 3 |
Wut auf Regierung oder SED 16 |
Umweltproblematik 13 |
bedingt reformiert 3 |
Defizite 0 |
nur schwach reformiert 0 |
Reformen erst nach äußerem Druck 5 |
nicht arbeitsfähig 11 |
Für Wiedervereinigung 9 |
Probleme durch Fluchtbewegung 8 |
kaum reformiert 8 |
Distanzierung zur SED & Reformen 6 |
Vorbehalte gegen Regierungsreformen 0 |
Gesetze gegen "Ausverkauf" etc. 3 |
Dilemma Regierungsbeteiligung 3 |
Spaltung in Wiedervereinigungsfrage 4 |
Arbeitslosigkeit (akut oder prognostiziert) 0 |
Aktionen für Machterhalt 6 |
Wandel zu Wiedervereinigungs-Partei 0 |
Mitgliederschwund 0 |
Hilflosigkeit 5 |
Gegen BRD-Vereinnahmung 2 |
Gegen Wiedervereinigung 0 |
DDR aus eigener Kraft reformierbar 5 |
interne Konflikte 11 |
Kooperation mit BRD-Partnern 2 |
Kooperation mit BRD-Partnern 0 |
Konflikt Modrow vs. Opposition / R. Tisch 5 |
Umschwung zu Pro-Einheit-Kurs 7 |
Anti-westliche Stimmung 1 |
massive ausländische Hilfe nötig 8 |
Mitgliederschwund 4 |
DarstellungRunder Tisch 3 |
Kooperation mit BRD-Partnern 8 |
Faschismusproblem 2 |
||
Kooperation mit BRD-Firmen 6 |
(fast) am Ende 6 |
Kooperation mit BRD 4 |
Sonstige Darstellung 6 |
endgültige Ausreise (sofern nicht bei Wirtschaft) 5 |
5.3. Detailliertere Betrachtung einiger Aspekte - wurde die "Wende" in der Revolution erkannt ?
5.3.1. Wirtschaft - Der Zusammenhang mit der deutschen Einheit
Aufgrund der schon mehrfach angesprochenen Restriktionen kann bezüglich der Zeit nach der Grenzöffnung noch weniger als im vorherigen Untersuchungsabschnitt allen Details der Berichterstattung in den drei Zeitungen nachgegangen werden. Das Aufgreifen aller Aspekte der sich überschlagenden Ereignisse bis Ende Januar hätte den vorgegebenen Rahmen hoffnungslos gesprengt. Die wesentlichen Darstellungen in allen Bereichen wurden deshalb bereits ausführlich anhand der aggregierten Daten der Inhaltsanalyse angesprochen. Im folgenden soll der oben weitgehend ausgeklammerte Aspekt im Mittelpunkt stehen, welche prinzipielle Chance der DDR in den bundesdeutschen Zeitungen eingeräumt wurde, ein eigenständiger Staat zu bleiben.
Eigentlich war allen Autoren nach den ersten "Offenbarungen" in der Volkskammer endgültig klar, daß sich die Wirtschaft der DDR in einem katastrophalen Zustand befand. Als Beleg eine Zusammenfassung aus ZEIT, TAZ und WELT, in denen die Problematik nun gleichermaßen wahrgenommen wurde:
Am 17. November stellte Nawrocki fest, daß nicht nur die Substanz und Infrastruktur in marodem Zustand und die Wirtschaft in den Bankrott getrieben worden war, sondern auch die Schuldensituation ein ungeahnt dramatisches Ausmaß angenommen hatte. (Nawrocki in ZEIT Nr. 47 vom 17.11.1989, S. 4) Die Auslandsschulden waren doppelt so hoch wie angenommen (Rediske & Kulke in TAZ Nr. 2964 vom 16.11.1989, S. 1), die Exportüberschüsse deckten nicht einmal mehr die Zinsforderungen aus den Auslandskrediten ab. (Leicht in ZEIT Nr. 48 vom 24.11.1989, S. 1) Insgesamt war die DDR einfach nicht mehr international wettbewerbsfähig, denn "[v]iele Unternehmen flüchteten sich in Scheininnovationen, nahmen kleine Produktverbesserungen vor oder begnügten sich mit unaufwendigen Designveränderungen." (Ullmann in TAZ Nr. 2959 vom 10.11.1989, S. 9) Auch in geförderten "Schlüsselindustrien" wie der Mikrotechnologie konnte die DDR nicht mit westlichen Konkurrenten mithalten: "Das Land hat zwar für seine Verhältnisse sehr viel Geld und Kraft investiert, aber zu wenig, um dem international angeschlagenen Höllentempo folgen zu können." (Uhlmann in TAZ Nr. 2970 vom 24.11.1989, S. 9) Daß in dieser Situation die Grenzöffnung den Kollaps beschleunigte, weil DDR-Bürger ihr Erspartes zu fast jedem Kurs schwarz gegen Devisen tauschten oder im Westen arbeiteten (Piper in ZEIT Nr. 47 vom 17.11.1989, S. 25), bzw. komplett übersiedelten (Maier in ZEIT Nr. 47 vom 17.11.1989, S. 28), wurde ebenfalls von niemandem bestritten. Daran änderten auch Ankäufe von Nicht-DDR-Bürgern bei einem Schwarzmarkt-Wechselkurs zwischen Deutscher Mark und DDR-Mark zum Verhältnis von ca. 1:4 bis 1:10 nichts. Statt dessen drohte der "Ausverkauf" der DDR, weil die subventionierten DDR-Produkte z.B. für West-Berliner viel günstiger als vergleichbare Artikel im Westteil der Stadt waren. (Blohm & Kahlen in ZEIT Nr. 48 vom 24.11.1989, S. 23) Am 1. Dezember stellte Baring fest, daß dieser "Ausverkauf" in vollem Gange wäre und wohl auch nicht einzudämmen sei. (Baring in ZEIT Nr. 49 vom 1.12.1989, S. 52) Als Gesetze den Verkauf bestimmter Waren nur noch gegen Vorlage des DDR-Ausweises gestatteten, fungierten eben DDR-Bürger als Zwischenhändler. (Karutz et al. in WELT Nr. 275 vom 26.11.1989) Resümierend prognostizierte Pfeiffer: "Aus eigener Kraft kann die DDR [wirtschaftlich] nicht aufholen - jedenfalls nicht bei offenen Grenzen und den vorhandenen Attraktivitätsunterschieden." (Pfeiffer in ZEIT Nr. 48 vom 24.11.1989, S. 26).
Neben dieser korrekten Darstellung des allgemeinen Ruins waren allerdings auch nach der Grenzöffnung noch in allen Zeitungen sporadisch positive Schlüsse und Prognosen vorzu- finden. Die Darstellung fiel dabei in den drei Zeitungen sehr unterschiedlich aus, weshalb sie unter diesem Aspekt getrennt betrachtet werden müssen.
Die Autoren der WELT waren der Meinung, daß ein Festhalten am Sozialismus für die DDR-Wirtschaft sehr nachteilige Folgen haben würde: "Ohne tiefgreifende Änderungen im Wirtschaftssystem der DDR können Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit nicht gesteigert werden." (WELT Nr. 266 vom 14.11.1989) Auch ein reformierter Sozialismus konnte ihrer Ansicht nach nur einen weiteren wirtschaftlichen Niedergang nach sich ziehen. (Gillies in WELT Nr. 266 vom 14.11.1989) Bei vielen Artikelverfassern herrschte aber Hoffnung, daß der Sozialismus in der DDR keine Zukunft haben würde. Es wurde der Eindruck vermittelt, die deutsche Einheit, mindestens jedoch eine vollständig marktwirtschaftlich organisierte DDR-Wirtschaft seien regelrecht vorprogrammiert. (Günter in WELT Nr. 289 vom 12.12.1989) In einem Bericht über einen Maschinenbaubetrieb kündigte der Direktor an, daß er eine Kapitalbeteiligung eines westlichen Unternehmens anstrebe, mit dem sein Betrieb bereits zusammenarbeite. (Schröter in WELT Nr. 288 vom 11.12.1989) Umgekehrt gab es offensichtlich Anfragen von bundesdeutschen Firmen nach Grundstücken, um in der DDR zu investieren. Außerdem lagen z.B. in Cottbus bereits massenhaft Anträge von DDR-Bürgern vor, die sich Selbständig machen wollten. (Gessler in WELT Nr. 12 vom 15.1.1990, S. 12) Dazu passend wurde darauf hingewiesen, daß sich 92 Prozent der Menschen in der DDR nach Meinungsumfragen für die Einführung der sozialen Marktwirtschaft aussprechen würden. (Schell in WELT Nr. 303 vom 30./31.12.1989) Schließlich wurden - zumindest Anfangs - "beträchtliche Devisenreserven" in der DDR vermutet, die nur auf Reformen warteten, um eingesetzt zu werden. (Gillies in WELT Nr. 266 vom 14.11.1989) Die aktuellen Probleme wurden dabei nicht geleugnet, aber als durchaus lösbare Herausforderung dargestellt. (Gillies in WELT Nr. 302 vom 29.12.1989)
Als Resümee läßt sich festhalten, daß Autoren in der WELT von Anfang an Aufbruchstimmung vermittelten und immer dann zu positiven Prognosen kamen, wenn sie davon ausgingen, daß in der DDR eine weitgehend unreglementierte Marktwirtschaft eingeführt werden würde. "Privates Eigentum an Boden und Betrieben, Gewerbefreiheit, Preisgestaltung an der Nachfrage [...] und verläßliche Rahmenbedingungen für Investoren werden den Wohlstand rasch befördern." (Gillies in WELT Nr. 266 vom 14.11.1989) Ein "dritter Weg", der eine ideologische Begründung für eine weiter eigenständige DDR dargestellt hätte, wurde somit schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt praktisch ausgeschlossen. Der Marktwirtschaft mußte fast zwangsläufig die deutsche Einheit folgen.
Positive Aussagen in der ZEIT folgen einem ähnlichen Muster. Stellvertretend sei die Argumentationskette eines Interviews mit einem Kombinatsdirektor wiedergegeben: Als Ursache für den wirtschaftlichen Niedergang der DDR wurde die planwirtschaftliche Machtkonzentration ermittelt, die alle Aktivitäten ausgebremst hatte. Wenn die Kombinate in die Lage versetzt würden, allein oder mit westlichen Partnern Devisen zu erwirtschaften, über die sie selbst verfügen könnten, wären sie durchaus in der Lage, sich im internationalen Markt zu behaupten. Aussagen wie "maschinenbautechnisch können wir hier mit jedem mithalten" erschienen glaubhaft. (Piper in ZEIT Nr. 49 vom 1.12.1989, S. 25 f.) DDR-Exportartikel des alltäglichen Bedarfs, wie z.B. Schreibmaschinen bekamen ja tatsächlich von der Stiftung Warentest gute Noten. (Molitor in ZEIT Nr. 50 vom 8.12.1989, S. 26) Die DDR erschien für die gesuchten westlichen Partner offenkundig attraktiv, denn bundesdeutsche Unternehmen machten entweder konkrete Angebote für Joint-Ventures, oder bekundeten zumindest Interesse. "Dies ist exakt jene Hilfe, die der maroden Wirtschaft in der DDR neues Leben einhauchen kann." (Christ in ZEIT Nr. 50 vom 8.12.1989, S. 23)
Unter westlichen Rahmenbedingungen erschien ein Wirtschaftsaufschwung nach der ZEIT also zumindest im Bereich des Möglichen. Im Gegensatz zur WELT kam aber in keinem Artikel ungebremste Euphorie auf bessere Zeiten auf und kaum ein Beitrag vermittelte ein Bild, nach dem Marktwirtschaft allein, ohne massive Unterstützung durch bundesdeutsches Kapital, die Wirtschaft der DDR retten könne. Die Darstellung war insgesamt nüchterner: Eine Verflechtung der DDR mit der Bundesrepublik schien auf wirtschaftlichem Gebiet zwangsläufig voranzuschreiten. Daß dies zwangsläufig in der staatlichen Einheit gipfeln würde, wurde aber nicht explizit zum Ausdruck gebracht.
Auch in der TAZ wurde ein Zusammenwachsen der bundesdeutschen- und DDR-Wirtschaft erwartet. Dabei fanden sich im gesamten Untersuchungszeitraum Agenturmeldungen, die von einer weiter eigenständigen Organisation der DDR-Betriebe, oder Kooperation zwischen gleichgestellten Partnern ausgingen. So wurde zunächst gemeldet, daß die DDR zur Modernisierung im Westen mit Anlageneinkäufen begann, (TAZ Nr. 2973 vom 28.11.1989, S. 9) oder Unternehmen ihr Vertriebsnetz im Westen ausbauen wollten und nach westlichen Partnern suchten. (TAZ Nr. 2976 vom 1.12.1989, S. 10) Später fanden sich Beispiele für tatsächliche Joint-Ventures unter Mehrheitsbeteiligung von DDR-Firmen. (TAZ Nr. 2998 vom 4.1.1990 S. 11) Die Darstellung der prinzipiellen Zukunft der DDR-Wirtschaft wandelte sich hingegen. Zunächst fanden sich Aussagen wie: "Gelegentlich sollte [...] darauf hingewiesen werden, daß die DDR-Wirtschaft in den letzten vierzig Jahren eben nicht zusammengebrochen ist und sich derzeit zwar in einer heftigen Krise, aber eben nicht in Auflösung befindet." (Bartz in TAZ Nr. 2968 vom 21.11.1989, S. 8) Relativ früh wurden aber bereits Gutachten nicht mehr kommentiert, welche die wirtschaftliche Erholung der DDR als eigenständiges staatliches Gebilde in Frage stellten: "Nicht gebannt sei ein ‘circulus vitiosus’, ein Teufelskreis, weil ‘die wirtschaftlichen Friktionen auf Grund einer massenhaften Abwanderung... leicht stärker zu Buche schlagen als alle stimulierenden Wirkungen selbst einer energischen Reformpolitik’. Eine für die Wirtschaftsprobleme der DDR ‘günstige Prognose zu stellen’ fiele nur bei einer ‘verläßlichen Erwartung eines gemeinsamen staatlichen Daches’ leichter." (Nowakowski in TAZ Nr. 2980 vom 6.12.1989, S. 9) Im Lauf der Zeit ergab sich schließlich ein Bild, nach dem die DDR in jeder Beziehung von der Bundesrepublik aufgekauft werden würde: "Vorauszusehen ist jetzt schon, wie Westler mit Paketen voll Ostmark in die nahe Ferne reisen, um für die Einheimischen die Preise zu verderben; um ihnen den ohnehin dürftig ausgestatteten Mittagstisch gänzlich leerzufressen und um den ‘armen Verwandten’ erneut das Bewußtsein zu vermitteln, die allseits Betrogenen zu sein." (Kunert in TAZ Nr. 2982 vom 8.12.1989, S. 8) Die Politik der Bundesregierung wurde als regelrechte Erpressung wahrgenommen. Notwendige Hilfe für die DDR würde von Reformen abhängig gemacht, die Profite für bundesdeutsche Unternehmen gewährleisten sollten. (Ulli Kulke in TAZ Nr. 2988 vom 15.12.1989 S. 8) Die Unternehmen forderten nach Darstellung der TAZ ihrerseits Mehrheitsbeteiligungen (TAZ Nr. 3008 vom 16.1.1990, S. 6), wollten aber lediglich mit den "ökonomischen Rosinen" kooperieren und den größeren Teil der DDR-Unternehmen "seinem Schicksal überlassen". (Zausel in TAZ Nr. 3008 vom 16.01.1990, S. 11) Am Ende des Untersuchungszeitraums schien die DDR die eigene Kontrolle über ihre Wirtschaft bereits verloren zu haben: "Das von der Regierung Modrow mit Hochfreude angenommene Milliarden-Angebot zur Förderung von Klein- und Mittelunternehmern hat den Autonomiespielraum der DDR-Führung weiter eingeschränkt. Das bewährte Motto ‘Wer anschafft, hat auch das Sagen’ bestimmt zunehmend die deutsch-deutschen Beziehungen." (Bartz & Zausel in TAZ Nr. 3016 vom 25.1.1990, S. 1)
Nach der TAZ gestaltete sich die Kooperation zwischen BRD und DDR in politischer wie wirtschaftlicher Sicht also tendenziell in Form einer "feindlichen Übernahme". Die Marktwirtschaft, welche die WELT feierte, wurde von der TAZ tendenziell kritisiert. Die Beschreibung der eigentlichen Entwicklung war indes fast identisch, die Möglichkeit eines "dritten Weges" der DDR schien auch für die Autoren der TAZ am Ende ausgeschlossen.
5.3.2. Der politische Bereich - Die Ereignisse überschlagen sich
5.3.2.1. Die Folgen der Grenzöffnung
Die Zusammenfassung der Darstellungen in den Zeitungen liest sich spätestens hier bereits fast wie die Skizzierung der Ereignisse am Anfang des Kapitels:
Unmittelbar nach der Grenzöffnung dominierten in allen Zeitungen Berichte über Verbrüderungsszenen zwischen west- und ostdeutscher Bevölkerung, sowie den damit einhergehenden Straßenfesten. "Gutgelaunte Gesichter, Witze, jeder redet mit jedem - eine ausgelassene Stimmung, die ansteckt. Wildfremde Menschen kommen ins Gespräch miteinander [...]" (Hahn in TAZ Nr. 2960 vom 11.11.1989, S. 4) Sommer wies darauf hin, daß dabei die Wiedersehensfreude nicht in ein dringliches Wiedervereinigungsverlangen umgeschlagen sei. (Sommer in ZEIT Nr. 47 vom 17.11.1989, S. 1) Selbst in der WELT fanden sich zunächst Beiträge, die neben "Deutschland, Deutschland" Jubelchören, welche dem schon vor dem Mauerfall vermittelten Stimmungsbild entsprachen, auch auf eine DDR-Identität hinwiesen. Dazu zählten beispielsweise Aussagen, daß die Heimat und die neue Freiheit in der DDR wichtiger als der nun zugängliche Luxus der Bundesrepublik seien. (Horrmann in WELT Nr. 264 vom 11.11.1989, S. 3). In der TAZ wurde sogar eine der Bundesrepublik gegenüber distanzierte Stimmung vermittelt. Den Menschen sei nach den ersten Eindrücken im Westen klar geworden, daß ihr Leben in der DDR gar nicht so schlecht war. (Nr. 2964 vom 16.11.1989, S. 4) Der Fall der Berliner Mauer forcierte also in keiner Zeitung unmittelbar Spekulationen auf eine bevorstehende staatliche Einheit Deutschlands.
In der Wochenzeitung ZEIT wurden allerdings bereits in der selben Ausgabe, in welcher der Wunsch der Ostdeutschen zur staatlichen Einheit Deutschlands bestritten wurde, Mißmut in der Bevölkerung aufgefangen: "Eine Frau sprach aus, was die Arbeiter angesichts der vollen Geschäfte im Westen denken: ‘Wir haben vierzig Jahre gearbeitet, genau wie die im Westen. Wenn nicht bald etwas ganz entscheidendes passiert, gehen wir.’" (Menge in ZEIT Nr. 47 vom 17.11.1989, S. 5) Dieter Dose von der WELT wies darauf hin, daß in der Tat weiterhin Zehntausende die DDR endgültig verließen. (Dose in WELT Nr. 266 vom 14.11.1989) Bereits 14 Tage nach dem Fall der Mauer stellte auch die TAZ fest, daß die DDR-Identität in der Bevölkerung schwand. Parolen gegen die Wiedervereinigung lösten innerhalb der Leipziger Montagsdemonstration Kritik aus und Stimmen wurden laut, daß freie Marktwirtschaft und Wiedervereinigung der einzige Ausweg aus der wirtschaftlichen Misere seien. (Smoltczyk in TAZ Nr. 969 vom 23.11.1989, S. 2)
Spätestens Ende Dezember war die Spaltung der Bevölkerung zwischen denen, "[...] die möglichst schnell durch Wiedervereinigung an die westlichen Kochtöpfe kommen wollen, und jene[n], deren gekränkter Stolz oder auch nur ihre Ängste eingeben, fürs erste der DDR die Stange zu halten [...]." (Steinmayr in ZEIT Nr. 52 vom 22.12.1989, S. 3) offenkundig geworden. Dabei gerieten die Befürworter eines erneuerten Sozialismus in der DDR sowohl nach der WELT, wie auch der TAZ eindeutig ins Hintertreffen: Philipps frohlockte in der WELT, daß den Menschen in der DDR die deutsche Einheit immer erstrebenswerter erschien. (Philipps in WELT Nr. 300 vom 27.12.1989) In der TAZ wurde dieser Sachverhalt zwar kritisch betrachtet, aber nicht geleugnet: "Immer mehr deutschtümelnde Kehlen lechzen nach des Kanzlers Bruderkuß und verweigern die Gefolgschaft in den vagen, dritten Weg. Das in Jahrzehnten gemauerte Weltbild zerfällt unter den Augen der überrollten Revolutionäre wie ein Kartenhaus und begräbt, so scheint es, gleich deren Utopien mit." (Meier in TAZ Nr. 2995 vom 23.12.1989, S. 24) Als Fazit läßt sich demnach festhalten, daß in allen drei Zeitungen der Stimmungsumschwung in der Bevölkerung erkannt wurde.
Im letzten Zitat aus der TAZ wurde gleichzeitig das Dilemma der Oppositionsgruppen angesprochen. Diese besaßen nach der Grenzöffnung plötzlich mit der SED eine gemeinsame Zielsetzung, nämlich die Erhaltung der Souveränität und Eigenständigkeit der DDR, wie beispielsweise Geis in der TAZ richtig feststellte. (Geis in TAZ Nr. 2966 vom 18.11.1989, S. 9) Dabei wurden sie nun in die neue Rolle gedrängt, die steigende Wut der Bevölkerung auf die SED zu kanalisieren. Das "Neue Forum" versuchte beispielsweise Stürmungen von STASI-Zentralen zu verhindern oder zumindest unblutig zu gestalten. Gleichzeitig wurde vor dem Ausverkauf der DDR durch "Schwarzarbeit und Schacher" gewarnt. (Smoltczyk in TAZ Nr. 2963 vom 15.11.1989, S. 3) Wirklich katastrophal in Bezug auf die Öffentlichkeit wirkten sich Aussagen aus, nach denen Teilen der Opposition nun sogar die Reformen der SED zu schnell gingen: "Daß sie von den Ereignissen überrollt wurde, ist ihr gewiß nicht vorzuwerfen. Daß sie aber als wichtigste Botschaft nur die Klage herüberbrachte, die Öffnung der Mauer sei verfrüht; daß sie sich sofort als Opfer jener SED-Flucht nach vorn darstellte, machte einen nachgerade verheerenden Eindruck." (Hartung in TAZ Nr. 2964 vom 16.11.1989, S. 8) Die demonstrative Einheit von Gesellschaft und den neuen politischen Kräften war schließlich dahin und oppositionelle Redner wurden bei Massendemonstrationen ausgepfiffen. (Geis in TAZ Nr. 2981 vom 7.12.1989, S. 3)
Welche Ziele nach den Reformen, die der SED abgetrotzt worden waren, verfolgt werden sollten, war in der Opposition ebenso unklar wie die angestrebte Organisationsform und das Verhältnis der Gruppen untereinander. Diese Fragen banden weitestgehend ihr ohnehin geringes Potential (Peitz in TAZ Nr. 2975 vom 30.11.1989, S. 3) Nicht nur das Fehlen von Büromaterial und Räumen, sondern die Herangehensweise an die neuen Aufgaben stellten ein riesiges Problem dar. So gewann Buhl vom "Neuen Forum" einen Eindruck, den er in Anlehnung an ein berühmtes Zitat zum Ausdruck brachte: "Das Neue Forum braucht nicht bloß eine Bahnsteigkarte, es benötigt eine Dauerkarte, um sich dem Zug zur Macht auch nur zu nähern." (Buhl in ZEIT Nr. 47 vom 17.11.1989, S. 2) In ZEIT und WELT wurde besonders hervorgehoben, daß völlig unklar blieb, in welcher Art die Wirtschaft nach Meinung der Oppositionsgruppen zukünftig organisiert werden sollte. (Gillies in WELT Nr. 266 vom 14.11.1989; Menge in ZEIT Nr. 48 vom 24.11.1989, S. 4)
Die ehemaligen Blockparteien, insbesondere die LDPD und die CDU, konnten sich immerhin auf vorhandene Strukturen und Restbestände eigenständiger Ideologien stützen. (Süß in TAZ Nr. 2961 vom 13.11.1989, S. 8) Sie verblieben zwar - wie oben geschildert wurde - zunächst in der Regierung Modrow, distanzierten sich aber beispielsweise in den Volkskammersitzungen zunehmend von der SED. (Hofmann in ZEIT Nr. 48 vom 24.11.1989, S. 2)
Es läßt sich also bilanzieren, daß in den Zeitungen die politische Ausgangssituation im wesentlichen erkannt wurde.
5.3.2.2. Unklare Machtverhältnisse
Die Zeitungen vermittelten folgendes Bild der Machtverhältnisse zwischen Grenzöffnung und der Etablierung der "Regierung der nationalen Verantwortung":
Die Lage der SED verschlechterte sich trotz aller Reformbemühungen zunächst weiter: Nicht zuletzt durch den Druck der eigene Basis traten ZK und Politbüro zurück, was deren Zorn aber auch nicht mehr besänftigen konnte. Außerdem bildeten sich Fraktionen, deren Gegensätze die SED scheinbar zu spalten drohten. (Stratmann in WELT Nr. 283 vom 5.12.1989) Die Bevölkerung im allgemeinen fühlte sich nach Enthüllungen über Korruption, persönlicher Bereicherung und Waffenhandel von führenden SED-Spitzenfunktionären von der Partei immer mehr betrogen. Der letzte moralische Rückhalt in Form des Kampfes gegen den Faschismus ging damit verloren. (Menge in ZEIT Nr. 50 vom 8.12.1989, S. 4) Lediglich Regierungschef Hans Modrow genoß noch Rückhalt in der Bevölkerung, was aus Passantenstimmen wie "Er ist ein guter Mann in einer schlechten Partei" hervorging. (Spörl in ZEIT Nr. 52 vom 22.12.1989, S. 2)
Die Situation am "Runden Tisch" wurde Anfangs wie folgt wahrgenommen: Die Opposi- tionsgruppen definierten sich dort selbst weniger als aktiv gestaltende Kräfte, sondern sahen sich in einer Kontroll- und Anwaltsfunktion, wie z.B. SDP-Geschäftsführer Ibrahim Böhme(34) feststellte. (Rathfelder in TAZ Nr. 2982 vom 8.12.1989, S. 2) Begründet wurde diese Zurückhaltung unter anderem damit, daß der "Runde Tisch" genauso wenig wie die Volkskammer vom Volk legitimiert war. Geis vertrat die Ansicht, daß dieses "verfassungsrechtliche Unbehagen" jedoch keinesfalls die Hauptursache für die Bescheidenheit der meisten Oppositionsvertreter darstellte. Vielmehr fürchteten sie sich seiner Meinung nach davor, daß ihre Arbeit am "Runden Tisch" in den Augen der Bevölkerung als "Kungelei mit den Kompromittierten" wahrgenommen werden könnte. (Geis in TAZ Nr. 2981 vom 7.12.1989, S. 3) Klare Verhältnisse strebte zumindest das "Neue Forum" an, das für den "Runden Tisch" unter anderem ein bindendes Vetorecht gegenüber der Regierung durchsetzen wollte. Hier manifestierte sich bereits eine Spaltung der Opposition, denn den anderen vertretenen Gruppen ging der Vorstoß des "Neuen Forum" zu weit. (Geis in TAZ Nr. 2991 vom 19.12.1989, S. 2) In der WELT wurde die Situation etwas später so dargestellt, wie die Oppositionsgruppen befürchteten, nämlich als "Kungelei und Machterhalt über Runde Tische". (Bartoszewski in WELT Nr. 301 vom 28.12.1989) Nach der ZEIT ergab sich durch den rapiden Verfall der SED eher ein gefährliches Machtvakuum, welches die Regierung Modrow allein nicht füllen konnte. (Hofmann in ZEIT Nr. 51 vom 15.12.1989, S. 4)
Die Darstellung des "Runden Tischs" variierte also zwischen den drei untersuchten Zeitungen. Es läßt sich aber für alle gemeinsam bilanzieren, daß die Situation der Staatsführung als verworren bis kritisch erkannt wurde. Bis Ende Januar 1990 verstärkte sich dieses Bild:
Zum einen schien sich die SED in einer neuen Rolle zu fangen. "Für dieses Unterfangen verfügt sie über einen enormen politischen Vorteil: Sie konnte über einige Jahre die Logik des Reformprozesses in anderen sozialistischen Ländern beobachten und kennt jene Positionen, die längerfristig unhaltbar sind. Deshalb kann sie Prozesse, die in anderen Ländern Monate, wenn nicht Jahre gedauert haben, in Wochen nachvollziehen." (Süß in TAZ Nr. 2961 vom 13.11.1989, S. 8) stellte Süß schon sehr früh fest. Außerdem besaß sie insbesondere im Vergleich mit den Oppositionsgruppen weiterhin ein größeres Potential an Mitarbeitern, finanziellen Mitteln, technischer Ausstattung, sowie eigenen Medien. (Nawrocki in ZEIT Nr. 2 vom 5.1.1990, S. 4) Der SED gelang es insbesondere nach kurzer Zeit, rechtsradikale Tendenzen in der DDR für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Unter dem Motto "Jetzt reicht es! Es ist zuviel! Wir brauchen eine Einheitsfront gegen rechts!" initiierte sie nach der Schändung des sowjetischen Ehrenmales in Berlin-Treptow und anderen rechtsradikalen Ausschreitungen zusammen mit dem Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer und der Gesellschaft für Deutsch-sowjetische Freundschaft einen Aufruf zu einer "Kampfdemonstration". Dieser wurde unter anderem auch von der SDP unterstützt. (Gast in TAZ Nr. 2997 vom 3.1.1990, S. 6) Wie bereits im Überblickskapitel über den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse diskutiert wurde ist nicht ausgeschlossen, daß die SED die Nazi-Parolen selbst zu verantworten hatte. In jedem Fall beklagte beispielsweise Konrad Weiß, Filmemacher und Sprecher der Oppositionsgruppe "Demokratie Jetzt", daß die SED-PDS die in seinen Augen tatsächlich vorhandene neonazistische Bedrohung als Wahlkampfthema mißbrauchte. (Gast in TAZ Nr. 3002 vom 9.1.1990, S. 6) Durch dieses "Volksfront-Motto" wollte die Partei nach Meinung von Karutz ihrer Klientel beweisen, daß sie weiterhin als politischer Akteur ernstzunehmen sei. (Karutz in WELT Nr. 303 vom 30./31.12.1989) Falls dies tatsächlich die Intention der SED war, ging sie offensichtlich auf: Zwischen 100.000 und 250.000 Menschen beteiligten sich an der Demonstration, die Züge von Veranstaltungsformen der DDR vor der Revolution aufwies. Forderungen nach entschlossenem Handeln der Staatssicherheitsorgane wurden durch die Kundgebungsteilnehmer unterstützt. (Gast in TAZ Nr. 2999 vom 5.1.1990, S. 6)
Andererseits wurde in keiner Zeitung der weitere Verfall der Partei bestritten, der nicht gerade für die Möglichkeit der SED sprach, ihre alte Rolle zu restaurieren: Sie hatte bis Ende Januar 1990 rund die Hälfte ihrer Mitglieder verloren und der verbliebene Rest war in Fraktionen, deren Spektrum von linksradikal bis sozialdemokratisch reichte, gespalten. Außerdem trat mit Wolfgang Berghofer einer der Hoffnungsträger der Reformströmung aus und plädierte gleichzeitig für eine Auflösung der Partei. (Nawrocki in ZEIT Nr. 5 vom 26.1.1990, S. 4) Zurückgehende Einnahmen durch Mitgliederschwund und ausbleibende staatliche Zuweisungen zwangen zum Sparen, was sich unter anderem in einer Verkleinerung des Parteiapparates widerspiegelte. (TAZ Nr. 2997 vom 3.1.1990, S. 6) Die Basis zeigte sich als wenig fähig, ohne zentral bereitgestelltes Material Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und wirkte hilf- und planlos. Außerdem schlug der SED trotz, oder gerade wegen ihrer neuen Aktivitäten weiter Zorn aus der Bevölkerung entgegen: Die wenigen selbstgemalten Wahlplakate wurden innerhalb kürzester Zeit wieder abgerissen. (Dürr in TAZ Nr. 3000 vom 6.1.1990, S. 7) Die Wut der Mehrheit gegen die SED und den Staatssicherheitsdienst war ungebrochen, die Aggression nahm weiter zu. Die Taktik, sich aufgrund von neonazistischen Tendenzen gegen eine schnelle Auflösung des Staatssicherheitsdienstes auszusprechen, rächte sich also bezüglich der breiten Masse. Einzelne Genossen schlugen vor, daß die SED sich aus der Regierung zurückziehen und ihr Heil in der Oppositionsrolle suchen sollte, denn dieses Schicksal bliebe ihr nach den Wahlen ohnehin nicht erspart. (Menge in ZEIT Nr. 4 vom 19.1.1990, S. 9) Selbst Parteichef Gregor Gysi dachte inzwischen seiner Partei eine Oppositionsrolle zu. (Ahlers in WELT Nr. 19 vom 23.1.1989)
Seit Januar 1990 bestimmte der Konflikt um die endgültige Auflösung des Staatssicherheitsdienstes die Darstellung: Sowohl die ehemaligen Blockparteien als auch die neuen Gruppierungen warfen am "Runden Tisch" der SED-PDS vor, daß sie versuche ihre Führungsrolle durch eine "antifaschistische Einheitsfront" zu erhalten. (TAZ Nr. 3000 vom 6.1.1990, S. 6) Die Einschätzung von Schell in der WELT, "daß die SED die Opposition am ‘runden Tisch’ hinhält und manipuliert" (Schell in WELT Nr. 7 vom 9.1.1989) war entsprechend einhellige Meinung in allen Zeitungen. Sommer spekulierte sogar in der ZEIT, ob die SED mit Hilfe eines durch rechtsextreme Vorfälle begründeten Verfassungsschutzes zu einer "zweiten Machtergreifung wider das Volk" ansetzen wollte. (Sommer in ZEIT Nr. 3 vom 12.1.1990, S. 1) Außerdem brüskierte Modrow selbst den "Runden Tisch" durch seine Weigerung, persönlich zu den Sitzungen zu erscheinen. (TAZ Nr. 3007 vom 15.1.1990, S. 6) Zuvor drohte er CDU und LDPD, sich bei deren Austritt aus der Regierung einem Referendum zu stellen. Ein nicht unwahrscheinliches positives Votum für Modrow hätte auf die Wahlaussichten der SED-PDS günstig gewirkt. Mit diesem Argument und dem Hinweis, daß man schließlich Mitverantwortung für die Regierbarkeit des Landes trage, bekundeten die beiden ehemaligen Blockparteien bis zu den Wahlen in der Regierung bleiben zu wollen. (TAZ Nr. 3004 vom 11.1.1990, S. 6)
Die Auflösung des Konfliktes wurde wie folgt wahrgenommen: Buchstäblich "über Nacht" machte Modrow plötzlich eine entscheidende Kehrtwende, denn er ging nun auf die Forderung ein, keine Nachfolgeorganisation für den Staatssicherheitsdienst zu etablieren. (Ahlers in WELT Nr. 13 vom 16.1.1990) Schließlich bat er die Oppositionsgruppen sich in Anbetracht der katastrophalen Lage im Land formal an seiner Regierung zu beteiligen. (TAZ Nr. 3014 vom 23.1.1990, S. 1) Diese stellten ihrerseits von Gruppe zu Gruppe unterschiedliche Forderungen an Modrow. (Ahlers in WELT Nr. 14 vom 17.1.1989) Am 30. Januar 1990 meldete die TAZ, daß sich Modrow mit den Oppositionsgruppen geeinigt habe. Die Wahlen zur Volkskammer sollten auf den 18. März vorverlegt werden, wobei ausländische Hilfe für die Parteien nun erlaubt sein sollte. Dabei waren die Oppositionskräfte keinesfalls einig in Bezug auf den neuen Wahltermin: "Die SPD-DDR zeigte sich sichtlich erfreut, die Vertreter kleinerer und noch im Aufbau befindlicher konservativer Parteien waren verärgert. Nur der SED-PDS-Vorsitzende Gysi reagierte mit Gleichmut. ‘Für uns ist jeder Wahltermin gleich ungünstig’, meinte er." (TAZ Nr. 3020 vom 30.1.1990, S. 1) Der Streit umfaßte dabei auch die ehemaligen Blockparteien: Insbesondere die CDU warf der neugegründeten SPD vor, durch vorgezogene Volkskammerwahlen lediglich ihre Wahlchancen verbessern zu wollen. Die Begründung, damit stabile Verhältnisse anzustreben wurde zurückgewiesen, da die SPD mit ihrer bisherigen Weigerung, sich an der Regierung zu beteiligen, die DDR selber destabilisiert hätte. (TAZ Nr. 3021 vom 31.1.1990, S. 6)
Der Machtkampf zwischen dem "Runden Tisch" und der Modrow-Regierung wurde also in allen Zeitungen dargestellt. Insbesondere in der TAZ wurde dabei die Entwicklung Ende Januar 1990 detailliert wiedergegeben.
5.3.2.3. Weichenstellung in Richtung "Deutsche Einheit"
Anfang Dezember stellte Hofmann fest, daß die Einheit der Opposition Risse bekommen hatte und der Sozialismus nicht mehr unumstritten war: "Die SED hat ihren Führungsanspruch aus der Verfassung gestrichen. CDU und Liberale gehen mit dem Bekenntnis zum Sozialismus sparsamer um. In der Opposition diskutieren sich die Gruppen auseinander." (Hofmann in ZEIT Nr. 50 vom 8.12.1989, S. 4)
Exemplarisch für die dargestellte Entwicklung in den Oppositionsgruppen sei hier der "Demokratische Aufbruch" herausgegriffen: Gemischte Gefühle spiegelten sich bereits in der Aussage Friedrich Schorlemmers unmittelbar nach der Grenzöffnung, die er als wunderbaren, aber gleichermaßen riskanten Schritt der SED bezeichnete. (WELT Nr. 264 vom 11.11.1989) Als sich die Bewegung Mitte Dezember als Partei konstituieren wollte, beschimpften sich die Delegierten bereits gegenseitig als "braune und rote Faschisten". Die Mehrheit verabschiedete schließlich unter großem Jubel die Forderung nach einer staatlichen Einheit Deutschlands. (TAZ Nr. 2991 vom 19.12.1989, S. 2) Die von der täglichen politischen Arbeit übermüdeten und gereizten Oppositionellen sahen ihre Gegner allmählich nicht mehr im Staats- und Parteiapparat der SED, sondern in den eigenen Reihen. Vertreter der bundesdeutschen Union, wie z.B. Norbert Blüm, stärkten den Befürwortern der deutschen Einheit dabei den Rücken. (Wernicke in ZEIT Nr. 52 vom 22.12.1989, S. 4) Bei der CDU, als Beispiel für eine ehemalige Blockpartei, verlief die interne Entwicklung reibungsloser: "Der ehemalige Chef, Gerald Götting, wurde wegen Veruntreuung zum Sündenbock für alle und alles gestempelt." Die Verantwortung während der 40jährigen Periode in Einheit mit der SED wollte die Partei am liebsten verdrängen. Auch hier traten Vertreter der Union auf. Der Westberliner CDU-Vorsitzende Diepgen wünschte "konstruktive Ungeduld", der CSU-Generalsekretär Huber schloß eine Begrüßungsrede mit den Worten "Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland - Deutschland, einig Vaterland". Selbst der beschwichtigende De Maizière konnte nicht verhindern, daß die Delegierten diese Worte feierten und zu ihrem politischen Ziel machten. (Menge in ZEIT Nr. 52 vom 22.12.1989, S. 4)
Spätestens Ende Januar 1990 zeichnete sich in den Zeitungen ab, daß sich in der DDR mit westlicher Hilfe ein Parteienspektrum entwickelte, welches - abgesehen von der SED - dem bundesdeutschen zumindest stark ähneln sollte. Die CDU-West übte Druck auf die CDU-Ost aus, um sie zum Verlassen der Regierung zu bewegen und die CSU wirkte als Geburtshelfer der DSU in Leipzig. (Nawrocki in ZEIT Nr. 5 vom 26.1.1990. S. 4) Die WELT schien in dieser Phase ein Sprachrohr der West-CDU darzustellen: "Tatsache ist, daß die CDU-Ost immer stärker mit dem SED-Regime identifiziert wird und immer mehr von dessen Leichengift aufnimmt." (Loewenstern in WELT Nr. 18 vom 22.1.1990) warnte Loewenstern. Die SDP hatte sich zwischenzeitlich in SPD umbenannt und einen gemeinsamen Ausschuß mit ihrer gleichnamigen bundesdeutschen Schwesterpartei vereinbart. Dabei war klar, daß ihr auch massiv westliche Hilfe beim Wahlkampf zur Verfügung gestellt werden würde. (Leicht in ZEIT Nr. 4 vom 19.1.1989, S. 1) Diese erfolgte in erster Linie in der Person des Ehrenvorsitzenden Willy Brandt, der ebenfalls, wenn auch vergleichsweise zurückhaltend, die nationale Karte spielte. (Schwehn in WELT Nr. 24 vom 29.1.1990) Selbst die West-Grünen wollten ihr DDR-Pendant unterstützen, wiesen aber darauf hin, es nicht wie andere Parteien vollständig vereinnahmen zu wollen. (TAZ Nr. 3016 vom 25.1.1990, S. 5) In der TAZ kritisierte Konrad Weiß vom "Neuen Forum" als Gastkommentator die bundesdeutsche Einmischung, bzw. die Tatsache, daß sich die SDP gleichzeitig mit ihrer Namensänderung darauf eingelassen hatte: "In der DDR gibt es wieder eine SPD. Aber die wird der anderen zum Verwechseln ähnlich. Anpassung ist programmiert, in der Sprache, in den Ritualen, im politischen Design. [...] Ich dachte, es ginge um ein besseres Land, um neue Hoffnung. Der alte Mantel, den ihr anzieht, Freunde, paßt doch gar nicht. [...] [W]as die Geraer Stasi-Leute uns zugedacht hatten, werden wir uns selbst angetan haben: Wir werden paralysiert sein, also gelähmt und unfähig zum Handeln für unser Land." (Weiß in TAZ Nr. 3007 vom 15.1.1990, S. 10)
Die wiedergegebene Stimmung in der Bevölkerung war Ende Januar 1990 in allen Zeitungen eindeutig: "Der Ruf nach deutscher Einheit - ohne Abstriche und ohne Verzug - wird von Montagsdemonstration zu Montagsdemonstration lauter. [...] Die meisten Leute in der DDR wollten die Einheit, weil sie - selbst nach dem Ende der menschlichen Teilung - in der fortdauernden staatlichen Teilung keine Chance für ihren Staat und für ihr eigenes Leben sehen." (Sommer in ZEIT Nr. 5 vom 26.1.1990, S. 1) "Die Menschen drüben [...] wollen Botschaften hören, und da stehen zwei Dinge ganz obenan: Die staatliche Einheit und die Einführung der Marktwirtschaft." (Manfred Schnell in WELT Nr. 18 vom 22.1.1990) Als Fazit bietet sich ein Zitat aus der TAZ an: "Mit der Wiedervereinigungsforderung hat sich die Bewegung jene Perspektive geschaffen, die den Kontrast zwischen Volksemotion und realer Misere auflösen soll. Unter dem Druck der Bewegung haben sich alle relevanten politischen Kräfte auf die Forderung nach Einheit eingelassen." (Geis in TAZ Nr. 3021 vom 31.1.1990, S. 10)
Der Prozeß in Richtung "deutsche Einheit" durch die Stimmung in der Bevölkerung und der sich entsprechend angleichenden Zielsetzung fast aller neuen und alten Parteien wurde also in den Zeitungen wahrgenommen. Lediglich die Wertung dieser Entwicklung fiel unterschiedlich aus.